Kardinal Lehmann hält viele kreuz.net-Gegner für kirchenfeindlich
Erstmals hat sich ein katholischer Bischof zu den Ermittlungen gegen kreuz.net geäußert: Karl Lehmann bedauert, dass die Kirche nicht selbst mehr tun konnte, attackiert aber auch die kreuz.net-Gegner.
Der Kardinal hat in einem Gastkommentar für die Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" kreuz.net am Mittwoch "schändliche Machenschaften" vorgeworfen, weil in dem inzwischen offline gegangenen Portal "über lange Zeit gegen Homosexuelle, Juden, Politiker, Journalisten und reformoffene Katholiken gehetzt worden ist". Selbstkritisch fügte er an: "Es ist für die Kirche beschämend, dass erst die Initiative des Bruno-Gmünder-Verlages und das Interesse des Bundeskriminalamtes zusammen mit der öffentlichen Debatte dem unheiligen Treiben ein Ende bereitet haben. Wir haben es leider mit unseren eigenen Mitteln nicht geschafft". Darum danke er allen, "die zur Klärung beigetragen haben, auch wenn sie nicht Freunde der Kirche sind."
Im selben Artikel warf er aber den Kritikern in den Medien vor, in vielen Fällen nur nach einem "Sündenbock" gesucht zu haben und "zimperlich mit der Wahrheit" umgegangen zu sein: "Leider wurde auch den Verantwortlichen, darunter mir selbst an erster Stelle, Nachlässigkeit und in hämischer Weise 'Güte' sowie 'Milde' unterstellt. Man hat mit einem ziemlich eindeutigen Vernichtungswillen in jedem Fall Schuldige gesucht", so Lehmann. "Einige" Personen hätten den kreuz.net-Skandal zum Anlass genommen, die gesamte Kirche als "verlottert" darzustellen, obwohl sich nur "wenige" Kirchemitglieder "beklagenswert" verhalten hätten.
Lehmann: Kirche ist "im Zweifel für den Angeklagten"
In seinem Bistum war nach Ermittlungen der Initiative "Stoppt kreuz.net" des Theologen David Berger der Priester Hendrik Jolie als kreuz.net-Autor enttarnt worden. Das Bistum hat sich trotzdem hinter den Priester gestellt und keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen veranlasst (queer.de berichtete). Als der Druck zu groß wurde, gab Jolie zumindest sein Amt als Sprecher des Netzwerks katholischer Priester auf (queer.de berichtete). Lehmann erklärte, sein Bistum habe "nach dem Grundsatz 'Im Zweifel für den Angeklagten'" gehandelt. So habe Jolie seines Wissens nach nicht persönlich "gegen Juden, Ausländer oder Homosexuelle" gehetzt, obgleich er sich als Autor an kreuz.net beteiligt habe.
"Stoppt kreuz.net" weist Vorwürfe zurück
Die Initiative "Stoppt kreuz.net" hat am Freitag die Vorwürfe des Kardinals zurückgewiesen. So habe die deutsche Kirche anders als von Lehmann behauptet wenig Interesse an einer Aufklärung gehabt: "Wir haben die Deutsche Bischofskonferenz öffentlich aufgefordert mit uns gegen die Hetzerei dieser Webseite vorzugehen", heißt es in der Antwort auf den Kommentar des Kardinals. "Eine Reaktion auf unseren Brief bekamen wir direkt nicht. Der Presse wurde allerdings mitgeteilt, man reagiere auf unseren Brief nicht. Bei vielen, auch bei vielen katholischen Christen entstand der Eindruck, die Kirche ginge hier wiederum so vor wie bei der Missbrauchsaffäre". Im Gegensatz dazu hätten die schweizerischen Bischöfe im Kampf gegen kreuz.net Initiative gezeigt (queer.de berichtete).
Die ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) hatte Mitte November kritisiert, dass sich bis dato kein einziger deutscher Bischof über die Hassseite geäußert habe (queer.de berichtete). Die HuK bezeichnete es als Skandal, dass die Bischöfe die Auseinandersetzung mit dem Portal scheuten. (dk)
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