Im vergangenen Jahr warb Nina Queer noch für die SPD – heute beschuldigt sie die Partei, einen Rachefeldzug gegen sie durchzuführen
Nina Queer muss sich erneut gegen Vorwürfe wehren, gegen Ausländer Stimmung zu machen. Anlass ist ein Facebook-Eintrag vom Montagabend, in dem sich die populäre Berliner Dragqueen mit einem rassistischen Unterton nach einem offenbar schwulenfeindlichen Übergriff im Hauptstadt-Problembezirk Neukölln erregte. Sie schrieb: "Es ist doch zum Kotzen. SOFORT ABSCHIEBEN! Ob in Deutschland geboren oder nicht. Wer Stress haben will, für den lässt sich doch bestimmt ein tolles Kriegsgebiet finden……."
Scharfe Kritik an der Äußerung der "Queer Bild"-Kolumnistin übte unter anderem das Nollendorf-Blog. "Der Fall Nina Queer zeigt, wie schwer sich die Szene damit tut, mit Rassismus in den eigenen Reihen umzugehen", schrieb Johannes Kram in einem von mehreren Blog-Einträgen. Er kritisierte, dass die Aussagen der Dragqueen in Diskussionen in sozialen Netzwerken relativiert würden, und verwies darauf, dass Strafverfolgung grundsätzlich nach rechtsstaatlichen Regeln erfolgen müsse.
Im Nollendorf-Blog kritisierte auch Markus Pauzenberger, der Landeschef von SPDqueer, die Dragqueen: "Äußerungen wie diese sind völlig inakzeptabel. Wir distanzieren uns nachdrücklich von diesen menschenverachtenden Kommentaren." Noch im Wahlkampf zur Abgeordnetenhauswahl 2016 war Nina Queer als sozialdemokratische Toleranzbotschafterin ein Aushängeschild für die Berliner SPD (queer.de berichtete).
Nina Queer: Entschuldigung und Gegenangriff
Queer ist am Dienstag gegenüber dem Magazin "blu", der Berliner "Morgenpost" und der Boulevardzeitung B.Z. zurückgerudert. Nachdem sie von dem erneuten Übergriff gehört habe, sei ihr "die Hutschnur gerissen", begründete die Dragqueen gegenüber der "Morgenpost" ihren Wut-Eintrag. Als sie "wieder bei Sinnen" war, habe sie den Text sofort gelöscht und sich "natürlich dafür geschämt". Gegenüber der "blu" erklärte sie, dass ihr die Äußerungen Leid täten: "Ich will mich bei allen entschuldigen, die mich missverstanden haben und die ich verletzt habe."
Gleichzeitig ging Queer zum Angriff über und warf ihren Kritikern vor, "alternative Wahrheiten, also Lügen" über sie zu verbreiten. Sie griff daraufhin ihre Kritiker mit einer Verschwörungstheorie an: "Ich sehe mich hier als Spielball der Politik. In meinen Augen ist das die Rache der SPD, weil ich schon zuvor ausgetreten bin."
Nina Queer stritt zudem vehement ab, eine Rassistin zu sein. "Rechts" sei für sie "keine Alternative". Als Beweis schlug sie gegenüber der B.Z. vor, auch Deutsche nach einem schwulenfeindlichen Übergriff des Landes zu verweisen: "Meinetwegen können sie auch deutsche Schläger in der Wüste aussetzen! Gewalt hat auf unseren Straßen nichts verloren."
Bereits im vergangenen Jahr gab es während des Wahlkampfs Rassismusvorwürfe gegen die damalige SPD-Toleranzbotschafterin: Der Berliner CDU-Politiker Kai Wegner kritisierte im August 2016 einen satirischen Text der Dragqueen über Sextourismus, den sie auf ihrer Website veröffentlicht hatte, als rassistisch. Der kritisierte Artikel enthielt etwa den Satz: "Schwarze Männer verehren einen dicken weißen Weiberarsch wie der Inder eine heilige Kuh" (queer.de berichtete). Damals verteidigte die SPD die Dragqueen noch als "sehr gute Botschafterin für mehr Toleranz in unserer Stadt". (dk)
das ist keine entschuldigug, sondern eine beleidigung: ihr wart halt zu doof, meine klugen worte richtig zu verstehen. ich finde so etwas immer besonders ekelhaft. und es zeigt, dass man gar nicht wirklich eingesehen hat, jemanden beleidigt oder verletzt zu haben, sondern sich selbst als das opfer sieht.
ich denke, wer ninas post entnahm, dass sie es mit dem rechtsstaat und den für alle geltenden grundrechten nicht so ernst nimmt, hatte sie schon ganz richtig verstanden. und das ist selbstverständlich kritik wert.
sie wiederholt es ja sogar, wenn sie jetzt zur "rechtfertigung" schreibt, man solle ruhig auch deutsche "in der wüste aussetzen". da geht es nicht nur um rassismus, sondern auch darum, affektive rachegelüste dem rechtsstaat überzuordnen.
so etwas kann einem vielleicht mal bei einem kneipengespräch rausrutschen. als öffentliche person kann man das aber nicht (mehrfach!) vertreten, ohne sich dafür berechtigte arschtritte abzuholen.
gerade in einer zeit, in der es wieder salonfähig wird, über die offizielle entrechtung von minderheiten nachzudenken, zeugen solche aussagen (die sich ja auch hier im forum in letzter zeit erschreckend häufen) nicht nur von menschenverachtung, sondern auch von gefährlicher kurzsichtigkeit.