Nach Kritik an seinen jetzt als Hetze bewerteten Äußerungen hatte Nerstheimer eine "Hexenjagd" gegen ihn beklagt
Das Berliner Amtsgericht Tiergarten hat am Dienstag den AfD-Politiker Kay Nerstheimer wegen homofeindlicher Äußerungen bei Facebook zu einer Geldstrafe wegen Volksverhetzung verurteilt. Der 53-Jährige habe "einen größeren Personenkreis mit seinen Äußerungen beschimpft und in der Menschenwürde herabgesetzt", entschied das Gericht.
Das fraktionslose Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses hatte im Dezember 2014 mehrere Kommentare auf Facebook veröffentlicht, in denen er Schwule und Lesben als "genetisch degeneriert", "widernatürlich", "unnormal" oder als Fehler der Natur bezeichnet hatte. Er bekräftigte außerdem, dass man Kinder "vor so etwas" schützen müsse. Zudem hatte er bei Facebook mit rassistischen Äußerungen gegen syrische Flüchtlinge ("einfach widerliches Gewürm") polemisiert und dunkelhäutige Menschen als "Bimbos" bezeichnet (queer.de berichtete).
Mit den vor Gericht verhandelten drei Facebook-Absätzen zur Homosexualität habe Nerstheimer in der Gesamtheit der Äußerungen die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten, so das Gericht. Es verhängte 70 Tagessätze zu jeweils 100 Euro und folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Zugunsten Nerstheimers wurde gewertet, dass dieser keine einschlägigen Vorstrafen habe, zu seinen Lasten allerdings laut "Berliner Zeitung" sechs länger zurück liegende Vorstrafen u.a. wegen Verletzung der Unterhaltspflicht, Betrugs, gefährlicher Körperverletzung oder Unfallflucht.
Bei einer Verhandlung Ende Januar hatte Nerstheimer geschwiegen, während sein Anwalt Roland Ulbrich, der zugleich in der AfD Sachsen tätig ist, einen Beweisantrag stellte, dass es eine "vertretbare wissenschaftliche These" sei, dass Homosexualität "widernatürlich" sei (queer.de berichtete). Ulbrich hatte auf Freispruch plädiert und kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an.
Laut "Berliner Zeitung" meinte Ulbrich nach dem Schuldspruch, eine solche Diskussion über Homosexuelle müsse geführt werden und geführt werden dürfen. Nerstheimer sagte, er stehe zu seiner Meinung: "Im Sinne der Biologie ist das nicht, das sagt einem jeder Kaninchenzüchter."
Parteiausschluss lässt auf sich warten
Der Thread, der jetzt als Volksverhetzung gewertet wurde
Nerstheimers Äußerungen waren wenige Tage nach seiner Wahl ins Abgeordnetenhaus in Berlin bekannt geworden (queer.de berichtete). Die AfD-Führung hatte den Direktkandidaten wenige Tage zuvor noch gegen Vorwürfe des Rechtsextremismus verteidigt: Von seiner Vergangenheit als "Division Leader" der "German Defence League" habe er sich bereits vor deren Nennung in Verfassungsschutzberichten und vor Gründung der AfD distanziert.
Nach weiterer Kritik an Nerstheimer ließ die Partei dann verlauten, dass er selbst auf seine Zugehörigkeit zur neu gebildeten Fraktion im Abgeordnetenhaus verzichtet habe (queer.de berichtete). Wenig später wurde wegen parteischädigenden Verhaltens vom Berliner Landesverband ein Parteiausschluss-Verfahren eingeleitet (queer.de berichtete). Es hat über ein Jahr später zu keinem Ergebnis geführt. Auf Facebook zeigte sich Nerstheimer zugleich im letzten Sommer als Wahlkämpfer an einem Stand der AfD in Hohenschönhausen.
Wenige Tage nach dem Wirbel um seine Äußerungen hatte Nerstheimer im "Tagesspiegel" eine "Hexenjagd" gegen ihn beklagt (queer.de berichtete). Er habe "kein Problem mit Homosexuellen" und habe sich bei Facebook provozieren lassen. Der Zeitung sagte er u.a. außerdem, er wolle nicht wissen, "wie jemand in dieser Hinsicht tickt. Und ich will auch nicht, dass meiner Tochter das Thema in der Schule auf die Nase gebunden wird." (nb)
Und wenn man den Schaden betrachtet, sind die 7.000 Euro noch viel zu wenig.