
https://queer.de/b?3077
Stiller Protest in Warschau

- 28. Juni 2020,
Polens Präsident Andrzej Duda, der sich heute zur Wiederwahl stellt, hat LGBT das Menschsein abgesprochen - die queere Community reagiert mit einem aufsehenerregenden Protest.
Organisiert u.a. von der Kampania Przeciw Homofobii (Kampagne gegen Homophobie), legten sich am Freitag Dutzende Aktivist*innen auf den großen Plac marsz. Józefa Piłsudskiego (Marschall-Józef-Piłsudski-Platz) in Warschau und bildeten mit bunten T-Shirts eine riesige Regenbogenfahne. Ein starkes Bild, das aber auch die Ohnmacht queerer Menschen in Polen zeigt.
Der stille Protest richte sich gegen "Hass gegen die LGBT-Community, einschließlich Diskriminierung, Erniedrigung und körperliche Angriffe", heißt es in einem Facebook-Post der Initiative. Dort kann man sich auch durch mehr Bilder klicken:
26 czerwca na Placu Pi?sudskiego w Warszawie odby? si? milcz?cy protest, którego g?ównym celem by?o wyra?enie sprzeciwu...
Gepostet von Kampania Przeciw Homofobii am Samstag, 27. Juni 2020
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Der erneut von der nationalkonservativen Regierungspartei PiS aufgestellte Präsidentschaftskandidat Duda hatte LGBTI-Feindlichkeit zu einem Wahlkampfschwerpunkt gemacht. Am 13. Juni sagte er mit Blick auf sexuelle und geschlechtliche Minderheiten: "Man versucht uns einzureden, dass das Menschen sind. Aber es ist einfach nur eine Ideologie" (queer.de berichtete). Wenige Tage zuvor hatte er eine homo- und transfeindliche "Familien-Charta" vorgestellt, in der er sich unter anderem verpflichtet, die Ehe als "Verbindung aus Mann und Frau" zu "schützen" und keine Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare zuzulassen. Auch verspricht er einen "Schutz von Kindern vor LGBT-Ideologie" und ein "Verbot der Propagierung von LGBT-Ideologie in öffentlichen Institutionen" (queer.de berichtete).
Nach einer Corona-bedingten Verschiebung der Wahl stimmen die Polen am 28. Juni über ihr neues Staatsoberhaupt ab. Nachdem die konservativ-liberale Bürgerplattform (PO) ihre Spitzenkandidatur auswechselte, gilt der Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski als der Herausforderer mit den größten Chancen. Die PiS nutzte die Kandidatur des Kontrahenten, um nach dem Europa- und Parlamentswahlkampf im letzten Jahr erneut auf Homo- und Transphobie im Wahlkampf zu setzen.
Trzaskowski hatte Anfang 2019 eine "Regenbogen-Erklärung" unterzeichnet, mit der sich die Stadt Warschau unter anderem zu umfassender Sexualaufklärung an Schulen verpflichtet, die auch queere Themen aufgreift. Die PiS reagierte darauf mit monatelanger homo- und transphober Stimmungsmache, verstärkt durch regierungsnahe Medien und soziale Netzwerke (cw)