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Selbstbewusst, queer, arabisch

- 20. August 2020,
Die neue Ausstellung "Mithly" im Frankfurt am Main feiert die traditionsreiche und lebendige queere Kultur der arabischen Welt.
Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in der Vorstellungswelt Europas wohl keinen anderen geografischen Raum, der so stark mit männlicher Homoerotik assoziiert wurde, wie der arabischsprachige. Einen Anteil daran hatten auch Schriftsteller wie André Gide und Oscar Wilde, die mit ihren Büchern und Reisen dazu beitrugen, den "Orient" als schwulen Sehnsuchtsort zu etablieren.
Während diese Imaginationen noch nachhallen, wird die arabischsprachige Welt heute aber meist als zutiefst homophob markiert. Viel weniger präsent sind hierzulande die Zeugnisse eines homosexuellen Emanzipationskampfes und einer lebendigen queeren Kultur, die mal offener und mal verdeckter gelebt wird. Sie antwortet auf die von den ehemaligen Kolonialmächten eingeführte und von den islamistischen Bewegungen vorangetriebene Ächtung und Kriminalisierung gleichgeschlechtlichen Begehrens.

Bild: Soufiane Ababri
Welche kulturellen Praxen entwickeln Queers in arabischen Gesellschaften? Wie kam es dazu, dass der "Orient" in einer Epoche, in der in Europa noch ein repressives Sexualregime vorherrschte, als sexualisiert, lasziv, dekadent und effeminiert galt und heute, in Zeiten der repressiven Entsublimierung hauptsächlich als prüde, patriarchal, viril und rückwärtsgerichtet gekennzeichnet wird? Wie könnte eine queere Kultur beschaffen sein, die auf universeller Befreiung von heteropatriarchalen Strukturen besteht, dabei aber nicht nur auf in westlichen Gesellschaften entwickelte Strategien zurückgreift?
Die Video-Installation "Mithly" von Julian Volz - der Titel ist ein arabisches Wort für Homosexuelle - versteht sich als Beitrag zur Beantwortung dieser Fragen. Sie beschäftigt sich zum einen mit orientalistischen Fantasien über männliche Homosexualität und untersucht, welche Rolle das männliche gleichgeschlechtliche Begehren bei der Konstruktion zweier vermeintlich inkommensurabler und hierarchisch geordneter kultureller Räume spielte. Dem werden zum anderen Einblicke in die künstlerischen Positionen von Künstler*innen aus der Region selbst gestellt, die dem selbstbewusst eine eigene queere visuelle Praxis entgegenstellen.
Zusätzlich werden in der Ausstellung neue, bisher nicht ausgestellte Zeichnungen aus der Serie "bedworks" des marokkanischen Künstlers Soufiane Ababri zu sehen sein. In seien "bedworks" dekonsturiert Ababri Männlichkeitsbilder und setzt sich mit Machtverhältnissen zwischen arabischen und europäischen Männern in der schwulen Subkultur auseinander.
"Mithly" ist vom 21. August bis 15. November immer freitags von 15 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung ( ) im Kunstraum Synnika im NIKA.haus (Niddastraße 57, Frankfurt am Main). Vernissage ist am Donnerstag, den 20. August um 19 Uhr, ab 20 Uhr gibt es Gespräch zwischen Julian Volz, Soufiane Ababri und Antoine Idier. Die Ausstellung wird unterstützt vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und dem Kulturamt Frankfurt. (cw/pm)
Das ist faktisch falsch in Bezug auf die französischen Kolonien!
Das ersetzte die Straffreiheit des bürgerlich-revolutionären Code Penal die Todesstrafe der Scharia, die allerdings nicht allzu oft vollzogen wurde.