Unter großem Polizeiaufgebot und begleitet von Protesten ist in der St. Mary's Cathedral in Sydney die Totenmesse für den queerfeindlichen australischen Kardinal George Pell abgehalten worden.
Der vor drei Wochen in Rom gestorbene Pell war der ranghöchste Geistliche in der Geschichte der katholischen Kirche, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurde. Im Jahr 2020 wurde er aber in einem Berufungsverfahren nach rund 13 Monaten Haft freigesprochen und aus dem Gefängnis entlassen (queer.de berichtete).
Tausende strömten nach Medienberichten am Donnerstag zu der Kirche, um Abschied zu nehmen. Viele verfolgten das Requiem auf Leinwänden vor der Kathedrale. "Auch nachdem er vom High Court einstimmig entlastet wurde, dämonisierten ihn einige weiterhin", sagte Erzbischof Anthony Fisher, der die Messe zelebrierte. Pell habe aber ein großes Vermächtnis hinterlassen und sei der "einflussreichste Kirchenmann in der Geschichte der Nation" gewesen.
Premierminister Anthony Albanese und der Regionalpremier des Bundesstaates New South Wales, Dominic Perrottet, nahmen nicht an der Messe teil. Die australische Regierung hatte schon kurz nach Pells Tod ein Staatsbegräbnis ausgeschlossen (queer.de berichtete).
Unter dem Motto "Pell go to hell" ("Pell, fahr zur Hölle") hatten LGBTI-Verbände, Missbrauchsbetroffene sowie deren Angehörige zum Protest aufgerufen. Einsatzkräfte errichteten eine Pufferzone zwischen Trauernden und Demonstrant*innen. "Wir sind nicht hier, um Ärger zu machen, wir sind hier, um auf den Missbrauch aufmerksam zu machen, das ist alles", sagte ein Teilnehmer der Nachrichtenagentur AAP. "Wir wollen eine starke, laute, lebendige und sichtbare Kundgebung, um allem entgegenzutreten, wofür Pell stand", erklärte ein Mitglied des Orgateams.
Der Kardinal gehörte zu den queerfeindlichsten Hetzern in der katholischen Kirche. Von Pell stammt etwa der Ausspruch: "Homosexuelle Aktivitäten sind eine größere Gesundheitsgefahr als Rauchen." Erst letztes Jahr forderte er Konsequenzen für Georg Bätzing, den Chef der deutschen Bischofskonferenz, weil dieser den Synodalen Weg unterstützt (queer.de berichtete).
George Pells Sarg war am Mittwoch in der Kathedrale aufgebahrt worden. Seither brachten zahlreiche Menschen an einem Zaun bunte Bänder im Gedenken an Missbrauchsopfer an. Trauernde versuchten Berichten zufolge, diese wieder abzureißen. Es kam kurzzeitig zu Spannungen.
Pell, jahrelang die Nummer drei im Vatikan, war im Alter von 81 Jahren nach einer Routineoperation gestorben (queer.de berichtete). Nach der Totenmesse sollte er in der Krypta der Kathedrale beigesetzt werden. (cw/dpa)