Eine schwule Romanze aus Mexiko, eine opernhafte AIDS-Doku und ein Kurzfilm über Krankheit; Dazu wurde der schönste Mann der Welt geehrt. Die Teddy Awards 2009 sind vergeben.
Von Christian Scheuß
Eine rauschende Ballnacht liegt hinter den Gästen der Teddy Award Gala, die am Freitagabend im Haus der Kulturen der Welt stattfand. Unter der geschwungenen Kuppel der "Schwangeren Auster", wie das Gebäude im Berliner Volksmund genannt wird, rannen auch ein paar Freudentränen, denn bei einem Wettbewerb mit einer Menge guter Beiträge konnten sich ein paar Filme behaupten, die der Expertenjury besonders gut gefallen hatten.
Sie hatten jeweils aus den Bereichen Spielfilm, Dokumentation und Kurzfilm je drei Kandidaten zur Auswahl. Der jeweils beste Beitrag wurde nicht nur mit der von Ralf König entworfenen Teddy-Statue, sondern auch mit 3.000 Euro Preisgeld bedacht. Die Experten waren in diesem Jahr: Cosimo Santoro (Turin GL Festival), Emina Trumic (Queer Sarajevo Festival), Justine Barda (Seattle International Film Festival), Kyle Stephan (British Film Institute, London), Manny de Guerre (Side by Side Festival, St. Petersburg), Mercedes Martín (Llamale H: Uruguay International Film Festival about Sexual and Gender Diversity), Rudi Fürstberger (Verzaubert Filmfestival) und Stephen Kent Jusick (Mix Festival, New York).
Der Teddy für den besten Spielfilm (gestiftet von Pro Fun Media und der Teddy-Foundation) ging an die mexikanische Produktion "Raging Sun, Raging Sky" (Rabioso sol, rabioso cielo) von Julián Hernández. Queere Spielfilme aus Mexiko haben sich in den vergangenen Jahren öfters als bemerkenswert bewiesen, und so lobt auch die Jury: "Wir vergeben den Teddy für die meisterhafte Kameraarbeit und die visionäre Farb- und Tongestaltung sowie für die gelungene Auseinandersetzung mit den Themen Liebe, Begehren und Sexualität. Gekonnt wurde dabei der antike mythologische Rahmen mit moderner Urbanität in Kontrast gesetzt."
John Greyson hat sich mit seiner frechen Art und einem neuen Ansatz, eine Dokumentation umzusetzen, Freund in der Jury gemacht. Sie wählten seinen Beitrag "Figg Trees" zum besten Dokumentarfilm. Das Preisgeld kommt hier vom Verein elledorado e.V. Die Jury jubelt in der Begründung: "John Greysons opernhafte Tour de Force überschreitet die Grenzen von Form und Genre und erfindet so den Dokumentarfilm neu. Durch die Verbindung von persönlichen Geschichten mit der Anklage gegen Regierungen und Pharmakonzerne erweitert Fig Trees anschaulich die Diskussion über AIDS und AIDS-Aktivismus weg von lokalen Kämpfen hin zu globaler Zusammenarbeit."
Ein sehr ernstes Thema behandelte die lesbische Filmemacherin Barbara Hammer in ihrem Kurzfilm "A Horse Is Not A Metaphor", der mit weiteren 3.000 Euro, gestiftet von der Teddy-Foundation, bedacht wurde. "Ein sehr intimes visuelles Essay über ihren Weg, den Eierstock-Krebs zu überleben. Der Film setzt ihre anhaltende Beschäftigung mit dem Körper und der Sexualität fort und verdeutlicht, welche Veränderungen Hoffnung und Heilung in uns allen bewirken können", lobt die Jury diese sehr private Arbeit.
Großzügig gingen die Teddy-Award-Hüter diesmal mit dem Special-Preis um, er wurde gleich zweimal vergeben. Zum einen an Joe Dallesandro, der in den 70er Jahren als Warhol Superstar zur sexuellen Ikone einer ganzen Generation wurde. Die Filme von Andy Warhol, Paul Morrissey oder Serge Gainsbourg's Je T'Aime Moi Non Plus (1975) machten Dallesandro legendär. Zum anderen wurde John Hurt für seine "außergewöhnliche schauspielerische Leistung" in dem Film "An Englishman In New York" gewürdigt. Hurt spielt in diesem AIDS- und Liebesdrama den exzentrischen Autoren Quentin Crisp.
ARTE zeigt die Aufzeichnung der Preisverleihung am Samstag, den 14. Februar 2009, ab 23.30 Uhr. Die Wiederholung der Sendung zeigt das rbb Fernsehen am Sonntag, den 15. Februar, ab 23.30 Uhr.
Brauchen wir nicht endlich einen Film, der die psychologische Dimension von Homosexualität realistisch und differenziert schildert. Einen, der das desaströse, oft aussichtslose Lechzen nach dem eigenen Geschlecht, getriebenen von fehlender Vaterfigur-Imago und fragilem Selbstbild aufzeigt und nicht uns verklärend-sentimental eine "wahre" Liebesgeschichte vorgaukelt.
Man kann Perversion kultivieren, sie aber auch als Chance zum Aufbau einer authentischen und erfüllenderen Identität nutzen.