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- 03. März 2009 3 Min.
Der Hamburger Männerschwarm Verlag kann aufatmen: Ein drohendes Strafverfahren wegen des Erotik-Romans "Murats Traum" ist vom Gericht jetzt abgewiesen worden.
Von Carsten Weidemann
Am 9. Januar 2008 fing der Stress an. Beamte der Fachdienststelle Sexualdelikte beim LKA Hamburg klopften an die Tür des Männerschwarm Verlags und hielten den engagierten Verlegern einen Durchsuchungsbefehl unter die Nase. Der Vorwurf: "Verbreitung kinderpornographischer Schriften". Ganz konkret ging es um das Buch "Murats Traum", eine erotische Geschichte des namhaften Berliner Autoren Michael Sollorz, der unter dem Pseudonym Fabian Kaden im Frühjahr 2007 veröffentlicht worden war. Die Beamten beschlagnahmten die Bücher, die sie in den Büroräumen und im Buchladen vorfanden.
Die von der Hamburger Staatsanwaltschaft initiierte Strafverfolgung ist von einem Leser losgetreten worden, der sich kurz nach der Veröffentlichung telefonisch beim Verlag gemeldet und mit einer Strafanzeige gedroht hatte. Er fand, der Roman sei kinderpornographisch, da es darin eine Szene gibt, in der zwei Männer Sex vor einem Zwölfjährigen haben. Dessen Anzeige ging an das BKA, das wiederum eine Stellungnahme von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften einholte. Als man von dort meldete, dass es sich möglicherweise um einen Straftatbestand handelte, rollte die Ermittlungsmaschinerie los.
Es verging ein Jahr mit Schriftwechseln zwischen Behörden und Anwälten, bis am 2. Februar 2009 eine Richterin am Amtsgericht Hamburg Klartext sprach und die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnte. Ihr Urteil: "Mangels pornografischer Qualität nicht hinreichend verdächtig". Es läge keine Pornographie vor, da der Geschichte von Sollorz eben das Typische dieses Genres fehle: "Die ausschließliche oder überwiegende Erregung eines sexuellen Reizes dem Betrachter bei Vernachlässigung menschlicher, interpersonaler Bezüge von Sexualität." In "Murats Traum" seien aber gerade diese zwischenmenschlichen Bezüge ein Hauptstrang der Geschichte, trotz des detailliert geschilderten Sex.
Nun wird der Autor es verschmerzen müssen, dass eine Richterin seinem Werk mangelnde "pornographische Qualität" bescheinigt hat, beim Männerschwarm Verlag bleiben die Bauchschmerzen wegen des gesamten Verfahrens, das viel zu lange gedauert habe. "Während Verlag und Autor sehr wohl wissen, was sie tun, müssen ernste Zweifel erlaubt sein, ob das auch auf die Ermittlungsbehörden zutrifft, deren Handeln jede Verhältnismäßigkeit der Mittel vermissen lässt und von einer Mischung aus Unkenntnis und Hilflosigkeit gekennzeichnet ist", klagt Männerschwarm-Verleger Detlef Grumbach.
Dass Staatsanwaltschaften beim Thema Kinderpornographie wie die Dampfwalzen agieren, und dabei Rufschädigung sowie wirtschaftliche Beeinträchtigungen der Betroffenen in Kauf nehmen, hatte bereits 1996 der damalige Dortmunder Rosa Zone Verlag erfahren dürfen. Die Polizei durchsuchte Büro- und Privaträume der Verleger allein aufgrund der Tatsache, dass sich die schwul-lesbische Monatszeitung im Adressverzeichnis eines Pädophilen fand, gegen den ebenfalls ermittelt wurde. Das Ermittlungsverfahren gegen den Verlag wurde später eingestellt.
Links zum Thema:
» Stellungnahme und mehr Details als PDF-Download vom Verlag
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