Der Münchener Unternehmer Carlo Didillon will in seinem rund zwei Milliarden Euro teuren Projekt eine Insel vor der Küste Afrikas kaufen und darauf ein Ferienparadies für Schwule errichten. Im queer.de-Interview erklärt der 44-Jährige, was es mit "Gayisland" auf sich hat.
Von Dennis Klein
Carlo Didillon gerät ins Schwärmen, wenn er von seiner Vision erzählt. Der Geschäftsführer der Special Entertainment GmbH, die unter anderem die Webseiten gay.de und gay.at betreibt, denkt dabei in ganz großen Kategorien: Er will von Sponsoren Milliarden einsammeln, um eine ganze Insel vor der Küste Afrikas zu einem schwulen Mekka zu machen – inklusive Läden, Hotels, Appartements, Shops, Museen und sogar einem Yachthafen. Queer.de sprach mit Didillon über seine Pläne, die Ende nächsten Jahres konkrete Gestalt annehmen sollen.
Queer.de: Was hat Dich dazu bewegt, ein solches Riesenprojekt zu starten?
Carlo Didillon: Die Idee hatte ich vor vier Jahren. Damals war ich mit meinem Freund Marcel im Urlaub und wollte mit ihm Hand in Hand durch die Stadt schlendern. Wir hatten aber Angst, dass wir andere damit provozieren könnten. Es ist so ein mulmiges Gefühl, nicht wirklich frei zu sein. Auch im Hotel musste ich erst darum bitte, dass unsere Betten nicht getrennt stehen. Das ist unangenehm und lästig. So entstand bei mir der Traum, dass es toll wäre, eine eigene Insel zu haben, in der man auf unsere Wünsche eingeht und völlig frei von gesellschaftlichen Normen seinen Urlaub genießen kann. Also ein Ort, an dem wir einmal keine Randgruppe sind. So entstand bei mir die Vision, ein Paradies für die schwule Community zu erschaffen.
Habt Ihr schon eine Insel im Blickfeld?
Ja, wir haben uns eine Insel ausgesucht, die in Äquatornähe vor der Küste Afrikas liegt und politisch zu Spanien gehört. Allerdings ist noch nichts unterschrieben. Es gäbe auch Alternativen dazu. Die Flugzeit von Europa aus soll allerdings vier bis fünf Stunden nicht übersteigen.
Du bezifferst die wahrscheinlichen Kosten auf unglaubliche 1,5 bis zwei Milliarden Euro. Wie willst Du so viel Geld aufbringen?
Ich muss zugeben, anfangs hatte ich Angst, für verrückt gehalten zu werden. Aber viele Leute haben mich ermutigt, es zu versuchen. Zunächst brauchen wir zirka eine Millionen Euro Anschubfinanzierung. Für die Investoren birgt das natürlich ein Risiko, falls das Projekt scheitert. Wenn aber alles wie geplant läuft, gibt es dafür eine sensationelle Rendite. Zusätzlich wollen wir größere Investoren anlocken. Da gibt es viele Möglichkeiten: Zum einen gibt es wegen der Wirtschaftskrise derzeit EU-Förderprogramme ohne Ende. Wir können wahrscheinlich ein Viertel der Gesamtkosten damit decken. Das Schönste ist, dass wir viele der Fördermittel nicht zurückzahlen müssen. Außerdem gibt es zirka 10.000 Investment- und Fondsgesellschaften, die Projekte in dieser Größenordnung finanzieren. Dazu kommt eine Vielzahl von reichen Leuten, also Investoren. Die haben derzeit das Problem, dass sie in der Wirtschaftskrise nicht wissen, wie sie ihr Geld gewinnbringend anlegen können. Die Aktienanlagen sind sehr unsicher geworden und auch der klassische Immobilienmarkt gibt nichts mehr her. Da erweckt unser Ferienprojekt ein hohes Interesse, denn das Konzept ist einzigartig in der Welt und verspricht eine langfristig stabile Rendite. Bis jetzt war die Reaktion von potenziellen Geldgebern sehr positiv. Im Laufe der Vorbereitungen habe ich mehr Millionäre kennengelernt als in meinem gesamten Leben davor.
Wann soll die Insel fertig gestellt sein?
Die erste Bauphase wollen wir in vier bis fünf Jahren abschließen. In sechs bis acht Jahren soll dann alles stehen.
Soll das Ganze dann ein Mallorca für Schwule werden?
Es kommt drauf an, was der einzelne mit Mallorca assoziiert, es wird auf keinen Fall eine Ballermann-Insel. Wir planen, auf der Insel alle Facetten des schwulen Lebens abzubilden. So soll zum Beispiel ein Arts-Hotel für die Designerfreunde unter uns geben und das Masters Home für die S/M-Freunde. Auch Drag Queens sollen ihr eigenes glamouröses Schloss erhalten, in dem es natürlich auch Schuhgeschäfte geben wird, die High Hills in Schuhgröße 45 anbieten. Das Ganze soll voll auf die Bedürfnisse von Schwulen zugeschnitten sein. Zum Beispiel soll es in jedem Badezimmer Analduschen neben der Toilette geben und genug Abstellfläche für Kosmetik. Natürlich gibt es auch ganz "normale" Hotels für diejenigen, die es einfach flauschig und gemütlich haben wollen. Im Vergnügungsviertel planen wir zum Beispiel das "Babylon" aus der Serie "Queer as Folk" nachzubauen. Außerdem wollen wir schwulen Designern ermöglichen, ihre Werke auf der Insel vorzustellen und zu verkaufen. Auch kulturell wird es vieles zu sehen geben, wie ein Museum für schwule Geschichte und eine Galerie für Schwule Künstler der verschiedenen Epochen.
Wird das eine reine Urlaubsinsel oder sollen dort auch Menschen leben?
In erster Linie ist es eine touristische Insel. Natürlich werden das Personal und Geschäftsbesitzer dort dauerhaft leben. Es wird aber auch Residenten geben, die die Möglichkeit haben, Apartments oder Häuser zu kaufen. Auch für die ältere Generation sollen auf Gayisland Alternativen geschaffen werden, das liegt mir sehr am Herzen: Denn viele, die ihr Leben lang schwul gelebt haben, haben keine Lust auf ein heterosexuellen Altersheim. Des Weiteren sollen in einem Teil der Insel Luxus-Villen mit angeschlossenem Yachthafen für Reiche entstehen.
Woher sollen Eure Besucher kommen?
Es soll multikulturell zugehen. Wir erwarten, dass 60 Prozent aus Europa kommen werden. Wir planen, mit einer weltweiten Roadshow Werbung für die Insel zu machen. Was ich nicht abschätzen kann, ist, wie viele Leute aus islamischen Ländern kommen, in denen sie ja ihre Sexualität nicht ausleben können. Es könnte sein, dass sie unserer Angebot sehr zu schätzen wissen.
Manche Schwule beklagen sich darüber, dass "Gay Ghettos" entstehen, die die Integration in die Gesellschaft erschweren könnten. Was antwortest Du ihnen?
Ein Ghetto ist ein Ort, in dem Menschen in ärmlichen Verhältnissen an die Ecke der Gesellschaft gedrängt werden. Davon sind wir weit entfernt. Wir wollen Schwulen etwas geben, das sie anderswo so nicht bekommen können. zielgruppenorientiertes Denken hat nichts mit Ghetto zu tun! Ist Disneyland etwa ein Ghetto für Kinder? Oder wenn jemand auf ein Formel-1-Rennen geht, will er doch auch keine Balletttanz-Vorführung sehen. Es ist vielmehr das Bestreben, sich auf eine Zielgruppe zu konzentrieren und deren Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen.
Interessenten an dem Projekt können sich bei Carlo melden unter didillon@gayisland.com