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- 26. Juni 2009 3 Min.
Homosexuelle Männer sind von Sexsucht besonders häufig betroffen, warnt der Münchner Diplom-Psychologe Gerd Mischke.
Von Dennis Klein
Schwule Männer sind in der Regel stolz auf ihr freizügiges Sexualleben. Wann wird Sex eigentlich krankhaft?
Hier gibt es ein interessantes Phänomen: die Sexsucht. Das klingt erstmal witzig, ist es aber nicht, wenn man betroffen ist. Hier handelt es sich tatsächlich eine psychische Störung wie Alkoholsucht oder Magersucht. Davon sind Schwule besonders häufig betroffen. Der Sex ist dann eine Ersatzbefriedigung für andere Bedürfnisse, die nicht ausgelebt werden können. Typisch für Sexsucht ist, dass man immer mehr vom "Stoff" braucht und immer extremere Kicks. Andere Lebensinhalte werden dabei an die Seite gedrängt und man konzentriert sich mehr und mehr auf Sex, der Blick verengt sich. Obwohl man immer mehr riskiert, immer verrücktere Dinge unternimmt oder immer mehr, bekommt man weniger Befriedigung raus. Das ist wie bei Alkoholmissbrauch – man trinkt zunehmend viel, hat dann jedoch nicht mehr Genuss, sondern braucht den Stoff einfach. Im Extremfall kann man sich dabei verschulden, man gefährdet sich zunehmend durch unsafe Sexpraktiken oder vereinsamt.
Warum sind Schwule eher von Sexsucht betroffen als Heteros?
Erstmal ist die Verfügbarkeit der "Droge" höher. Man hat also mehr Angebote, seiner Sucht nachzugehen. Heteros beklagen ja oft, dass sie gar nicht dieselben Möglichkeiten haben wie Schwule, jemanden mal schnell kennen zu lernen, sogenannte Five-minute-friends. Das mag auch in der Natur des Mannes liegen, dass es mehr Angebot und Nachfrage gibt. Man traut sich als Mann eher mal als eine Frau, nachts in den Park zu gehen und sich ansprechen zu lassen.
Ist die Sexsucht so verbreitet wie Alkoholsucht?
Nein, das kommt, denke ich, nicht so häufig vor. Es gibt aber keine genauen Zahlen darüber. Das Krankheitsbild "Sexsucht" ist ja erst seit ein paar Jahren wirklich anerkannt worden – und wird nun auch mehr behandelt. Im Vergleich zu Alkohol wird es bei weitem nicht so häufig erkannt. Das liegt natürlich auch in der geringen Bekanntheit. Jeder weiß, dass man alkoholabhängig sein kann. Wirft man das Wort Sexabhängigkeit in die Runde, lachen die meisten und betrachten es als einen Witz.
Wie wird Sexsucht behandelt?
So ähnlich wie andere Süchte auch. Man schaut nach den Ursachen, wie ist sie entstanden? Was sind Defizite, die man damit auszugleichen versucht, welche anderen Bedürfnisse kommen zu kurz. Man kann ein Verhaltenstraining machen, um seinen Trieb unter Kontrolle zu bekommen. Es kann bis zum Sexverbot gehen. Man kann sich beispielsweise vornehmen, Zärtlichkeiten auszutauschen, aber keinen Sex zu haben. Man sollte natürlich nicht, wie bei Alkohol, die totale Abstinenz auf Lebenszeit verordnen. Das geht ja bei anderen Süchten wie der Esssucht auch nicht – wäre außerdem doch schade. Man muss eben wieder erlernen, wie genussvoller Sex geht und wie man gesund in sein Leben einbindet.














