Die größte Partei der Schweiz fordert Zwangstests für HIV-Risikogruppen, Krankenhauspatienten und Schwangere – und ein Ende der Anti-Aids-Kampagnen.
Die Schweizerische Volkspartei will damit auf die hohen Zahlen von HIV-Neudiagnosen reagieren. Im Jahr 2008 wurden 779 Fälle gemeldet – mit 101 Fällen pro einer Million Einwohner sind in der Schweiz damit drei Mal mehr Menschen neu mit HIV diagnostiziert worden als in Deutschland.
"Wir brauchen obligatorische Aidstests für Risikogruppen wie Prostituierte oder Drogensüchtige", forderte Nationalrat Erich von Siebenthal im "Tagesanzeiger". Auch Schwangere und andere Krankenhauspatienten müssten zwangsweise auf HIV getestet werden. "Neuansteckungen können nur durch verschärfte Kontrollen verhindert werden", glaubt der 51-jährige Parlamentarier.
Eine Aufklärungskampagne des Bundes will er dagegen stoppen: "Die Ansteckungszahlen zeigen klar auf, dass diese Investitionen ihr Ziel nicht erreichten", erklärte von Siebenthal bereits im Juni in einem SVP-Gesetzentwurf.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die schweizerische Aids-Hilfe lehnen den Vorstoß der SVP als "Seuchenbekämpfung aus dem letzten Jahrhundert" ab. Sie erinnern an die Vorschläge des CSU-Politikers Peter Gauweiler, der ebenfalls Zwangsuntersuchungen und repressive Maßnahmen gegen Positive forderte. Er setzte sich aber nicht gegen die damalige Gesundheitsministerin Rita Süßmuth (CDU) durch, die vor allem auf Aufklärung setzte.
Die national-konservative SVP erreichte bei den letzten Nationalratswahlen 29 Prozent der Stimmen und wurde damit zur stärksten politischen Kraft. Sie sorgte in den letzten Jahren insbesondere durch ihre restriktive Ausländerpolitik international für Irritationen. Die Partei lehnt auch das Lebenspartnerschaftsgesetz strikt ab, das die Schweizer aber dennoch in einer Volksabstimmung bestätigten. (dk)