Im Mittelpunkt der neuen Doku "The Good American" von Jochen Hick steht der Deutsche Tom Weise, der sich in den USA vom Callboy zum Hustlaball-Veranstalter hochgearbeitet hat.
Von Carsten Weidemann
Jochen Hicks neuer Film porträtiert Tom Weise, einen der Schöpfer des Hustlaballs (einer Veranstaltung, die ursprünglich angetreten war, die Akzeptanz von männlichen Prostituierten zu stärken aber auch eine Rentboy Website zu propagieren). Es ist eine Story über Aufstiege, persönliches Scheitern und ein Kampf gegen die eigenen inneren Dämonen.
Von eher kleiner Statur, mit den Eltern völlig entzweit und ohne Kontakt, geht der ehemalige Student der Politischen Wissenschaften Anfang der Neunziger nach New York. Als HIV-Positiver kann er nur illegal in den USA leben - laut Gesetz dürfte er dieses Land nicht einmal besuchen - und keinesfalls ausreisen, denn eine Wiedereinreise wäre, wenn überhaupt, nur nach mehrjähriger Wartezeit möglich.
In New York schlägt sich Tom zunächst selbst eher schlecht als recht als Escort durch. Er verdient kaum Geld, wird obdachlos. Schließlich hilft er Jeffrey Davids, die Internet-Seite rentboy.com aufzubauen, die zehn Jahre später die größte Internetseite für Escort wird.
Gesundheitliche Komplikationen, Einsamkeit und Drogenexzesse quälen Tom zunehmend, bis er 2006 endlich einen Lebenspartner findet. Er beschließt mit dem Afroamerikaner Keith zusammen nach Berlin zurück zu gehen und Deutschland nach 15 Jahren erstmals wieder zu betreten. Wenige Tage danach findet der Berliner Hustlaball statt.
Der sehr selbstsicher wirkende Geschäftsmann der ersten Filmminuten zeigt sich zunehmend als Mensch mit Schwächen, Ängsten und Träumen. Jochen Hicks neuer Film ist ein gelungenes filmisches Porträt einer unbekannten Ikone der Schwulen. Der Film begleitet Tom Weise sehr privat und auf den letzten von ihm veranstalteten Partys in Las Vegas und New York. Und er begleitet seine Rückkehr nach Berlin.
Der Film wird neben einem lebendigen Portrait zu einem soziokulturellen Exkurs zwischen der Neuen und Alten Welt, gespiegelt an einer marginalisierten Szene mit spannenden Einblicken in die Welt und Denkweise von Escorts und Partymachern.
Zerüttete Familienverhältnisse, Obdachlosigkeit, Stricherszene, Drogenexzesse, HIV-positv und dann noch widerliche Fleischbeschauungspartys mit Rudelbumsen auf der Tanzfläche = das ganz normale homosexuelle Lebensgefühl.
Scheiß die Wand an, ist das schön.