Auswahlhilfe für die Bundestagswahl: queer.de zeigt diese Woche, wie die großen Parteien über die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben denken. Dritte Folge: die FDP.
Von Dennis Klein
Eigentlich sollten Homo-Rechte bei der FDP am besten aufgehoben sein: Die Liberalen sehen sich als Partei der Bürgerrechte und schreiben sich die Freiheit als oberstes Ziel auf die blau-gelben Fahnen. Außerdem haben sie einen offen schwulen Vorsitzenden, der im Fernseh-Wahlkampf wahrscheinlich der fleißigste Talk-Gast aller Parteien ist. Auch andere offen schwule Parlamentarier wie der engagierte Bundestagsabgeordnete Michael Kauch setzen sich für die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben ein.
Hehre Ziele in der Homo-Politik
Die Ziele haben die Freidemokraten klar definiert – und sie sind lobenswert: Die FDP will beispielsweise Eingetragene Partnerschaften und die Ehe gleichstellen, das Adoptionsrecht für Schwule und Lesben öffnen, Lesben die künstliche Befruchtung erlauben und homophoben Staaten die Entwicklungshilfe streichen.
Allerdings scheinen die Liberalen nicht viele Gedanken zu verschwenden, wie sie diese hehren Ziele umsetzen können: Zunächst einmal hat die FDP alle Koalitionen mit Parteien, die eine Gleichstellung von Schwulen und Lesben fordern, kategorisch abgelehnt. Nur mit den Homo-Skeptikern der Union wollen Westerwelle und Co. eine Regierung bilden. Wirtschaftspolitik überragt bei den Liberalen alles – andere Themen, inklusive Homo-Rechte, spielen bei der Auswahl des Koalitionspartners keine Rolle.
Sündenfall Gleichbehandlungsgesetz
Und auch bei Homo-Themen zeigt sich, dass die Liberalen trotz ihrer Bürgerrechtsrhetorik schnell vor einer Gleichstellung zurückweichen, wenn diese in Konflikt mit der Wirtschaftspolitik kommt. Das beste Beispiel dafür ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz: Die Liberalen lehnen seit Jahren als zu bürokratisch und wachstumshemmend ab – diese Position ist mit Blick auf die mögliche Prozesshanselei auch verständlich.
Aber: Mit ihrer Forderung nach einer 1:1-Umsetzung der EU-Vorgaben sprachen sich die Liberalen am Anfang der Legislaturperiode dafür aus, dass das Merkmal "sexuelle Orientierung" anders als etwa das Merkmal "Rasse" im Zivilrecht nicht vorkommt. Grund: Brüssel verlangt das nicht, und weniger Bürokratie sei für die Wirtschaft besser, so die Westerwelle-Partei. Damit nehmen die Liberalen den Standpunkt ein, dass ein Restaurantbesitzer zwar keine Schwarzen wegen deren Hautfarbe aus dem Lokal schmeißen darf – Schwule darf er aber entfernen.
Diese FDP-Forderung nach einer Diskriminierungshierarchie zeigt, wie sich die Liberalen bei Konflikten zwischen freier Marktwirtschaft und Gleichbehandlung entscheiden: für den Markt. Und so sendet sie nebenbei das Signal aus: Es ist halb so schlimm, Schwule zu diskriminieren.
Magere Bilanz
Tatsache ist auch, dass zwar länger als jede andere Partei in der Bundesregierung vertreten war, aber dort nur wenig für schwul-lesbische Rechte geleistet hat. So wurde der Paragraf 175 bereits 1969 von der Großen Koalition reformiert. Danach war die FDP fast 30 Jahre lang an der Macht – und es geschah so gut wie nichts. Erst Rot-Grün erfüllte mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz die Forderung nach der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare.
In den Ländern hat die FDP zuletzt eine gemischt Bilanz hingelegt: Der CSU in Bayern konnte sie immerhin das Standesamt abringen. Ein Achtungserfolg, da die Christsozialen jahrelang gegen die Homo-Ehe geklagt hatten. Eine Gleichstellung der Homo-Beamten konnten die Liberalen aber nicht durchsetzen. In Hessen will Schwarz-Gelb dagegen diese Benachteiligung von Eingetragenen Lebenspartnern abmildern oder beenden. Über die Details gibt es aber erst nach der Bundestagswahl Auskunft. In Sachsen ist die FDP völlig nutzlos: Obwohl der Freistaat zu den rückständigsten Ländern in Sachen Gleichstellung gehört, sahen die Liberalen es offenbar nicht als nötig an, das in Koalitionsverhandlungen zur Sprache zu bringen. Der Koalitionsvertrag erwähnt Homo-Politik mit keinem Wort.
Im Bundestag gibt es jedoch einige liberale Fürsprecher für Homorechte wie Gisela Piltz oder Jörg van Essen. Bei einer möglichen schwarz-gelben Mehrheit besteht dann aber die Gefahr, dass diese hehren Ziele in Vergessenheit geraten; einerseits, wenn sie dem Koalitionspartner zu fortschrittlich erscheinen, andererseits, wenn sie mit dem liberalen Ideal des freien Marktes kollidieren. Ob sich die FDP nach einem Wahlsieg der "bürgerlichen" Koalition besser durchsetzen kann als unter Kohl, hängt vom Personal ab. Nach elf Jahren Opposition hat das aber bislang wenig Regierungserfahrung. Man muss sich überraschen lassen - erfahrungsgemäß kann das auch nach hinten losgehen.
Fazit: Die Bundes-FDP will eine homofreundliche Politik – es gibt allerdings Zweifel, ob ihr dieses Thema wichtig genug ist, es auch durchzusetzen.
Wählbarkeit aus schwul-lesbischer Sicht: 6 von 10 Punkten
(9-10 Punkte entsprechen der Schulnote sehr gut, 8 entspricht der Note gut, 7 der Note befriedigend, 6 der Note ausreichend. Werte darunter sind nicht ausreichend)
Nächste Folge des Parteienchecks am Donnerstag: Die Linke.
6 von 10 Punkten"
Meine Bilanz: 0 von 2 zu vergebenen Kreuzchen