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- 08. Oktober 2009 3 Min.
Die Türkei hat den Zugang zu den populären Dating-Seiten hadiGAY und GaBiLe gesperrt - Nutzer aus der Region erhalten ein Stopp-Schild, das vor Pornografie warnt.
Von Norbert Blech
Die Türkei hat die beiden beliebten schwulen Portale hadigayri.com und gabile.com gesperrt. Wie die englische Internetausgabe der Zeitung "Hürriyet" berichtet, habe das Telekommunikationsministerium die Sperrung veranlasst, die von den Providern des Landes umgesetzt werden müssen.
Nach Angaben der Zeitung kommen die Portale zusammen auf über 200.000 Nutzer aus der Türkei (Gayromeo dient nur rund 8.900 Nutzern aus der Region als Anlaufstelle); nach Angaben der Nachrichtenseite "bianet" wurde ferner auch der Zugang zum speziellen Dating-Portal shemalenet.com gesperrt. Die Betreiber der Portale sagen, sie hätten von den Behörden weder eine Begründung erhalten noch vorab einen Hinweis, etwas an den Seiten zu ändern. Stattdessen bekommen die Nutzer aus der Region nur ein Stopp-Schild zu sehen, das darauf hinweist, dass die jeweilige Seite gegen das Gesetz verstoßen habe - als mögliche Gründe werden, unter anderem, Anleitung zum Selbstmord, Kindesmissbrauch, Nutzung von Drogen und anderen Stoffen, Obszönität und Prostitution genannt.
Homophobe Mentalität
In einer Stellungnahme beschweren sich die Betreiber von GaBiLe, dass eine einfache Verwaltungsentscheidung zur Sperrung der Portale geführt habe. Die plötzliche Entscheidung sei "das Ergebnis einer homophoben Mentalität". Es gebe keinen strafrechtlich problematischen oder unmoralischen Inhalt auf den Portalen. "(Den Schwulenorganisationen, Red.) Lambda Istanbul und Kaos GL wurde bereits aufgrund von Unmoral der Prozess gemacht. Diese Vorgehensweise war nicht erfolgreich und das Gericht hat einen Prozess abgelehnt, daher wollen sie jetzt Social Networking Sites verbannen", beschweren sich die Betreiber von GaBiLe. "Wir bedauern und verurteilen diese Aktion, die sich gegen unsere Gedanken, unseren Frieden und Lebensstil, unsere sexuelle Orientierung und unsere Freiheiten richtet und die öffentliche Meinung an den Rand einer Revolte bringt."
Weltweite Stopp-Schilder
Dabei ist das Entfernen von schwulen Seiten aufgrund von (angeblicher oder tatsächlicher) Pornografie kein rein türkisches Problem. Regierungen auf der ganzen Welt haben Filterlisten wie jene in der Türkei eingerichtet oder planen welche, die vor allem gegen Kinderpornografie vorgehen sollen, aber, wie etwa in Australien oder Finnland, auch schwule Pornoseiten sperren (queer.de berichtete). Auch in Deutschland ist die Sperrung von Internetseiten geplant, derzeit nur aufgrund von Kinderpornografie.
Es ist aber denbar, dass es früher oder später auch zu Sperrungen aufgrund des Jugendschutzes kommen wird - eine solche Vorzensur ist in Deutschland in vielen Bereichen aktiv und erlaubt und hat bereits dazu geführt, dass die Server von Gayromeo und Co. im Ausland stehen. Da diese weiterhin gegen den Jugendschutz in der strengen deutschen Form verstoßen (persönliche Identifikation durch Post-Ident und USB-Stick, etc.), könnte es hier theoretisch mal zu einer Sperrung kommen - die sich freilich bei diesen populären Seiten kein Beamter trauen wird.
Die Zensur hier droht vor allem von kommerzieller Seite. Youtube hat etwa selten ein Problem mit homophoben Musikvideos, löscht aber gerne und recht beliebig schwule Erotik. Vor zwei Monaten hat der ebenfalls zu Google gehörende Dienst Blogger begonnen, ohne Begründung oder Benachrichtung der Autoren schwule Blogs zu sperren (queer.de berichtete) - mittlerweile sind rund 200 schwule Erotik- und Pornoblogs nicht mehr erreichbar oder zu anderen Providern wie Nibblebit umgezogen. Ein Aufschrei blieb bisher aus.
Links zum Thema:
» GaBiLe
» HadiGAYi
» Blog zu den Schließungen bei Blogger















Leider ist das erste Land schon in der EU...
Was hilft? Widerstand und Solidarität!
Und Wachsamkeit!
Ich kann mich noch gut erinnern, dass die türkische Regierungspartei AKP in der deutschen Presse als Vortrupp der Demokratisierung gefeiert wurde und auch an die Arroganz und Ignoranz deutscher Besserwisser gegenüber den warnenden laizistischen Stimmen in der Türkei...
Erdogan ist Stoiber hoch 3 auf islamisch. Er hat auch nie etwas anderes von sich behauptet....