Auch ein Hightechstudio schützt nicht vor Versprechern. Zuschauer der "heute"-Nachrichten wunderten sich über den Zusammenhang von E-Mails und speziellen Sexpraktiken.
Von Christian Scheuß
Die Nachrichtenmoderatorin der heute-Sendung am Mittwochmittag schaut besorgt in die Kamera. Möglicherweise hat auch sie ein E-Mail-Konto bei Google oder Yahoo. Denn genau darum ging es in der Aufmachermeldung, in der über einen schweren Fall von Internetkriminalität berichtet wurde. Unbekannte hatten sich per Phishing die Zugangsdaten zu zahllosen E-Mail-Konten verschafft. Im darauf folgenden Film passierte dann der Versprecher, der mit Sicherheit in die Liste der Kultpannen aufgenommen werden wird: "Auch die Konzerne Yahoo und Google sind Opfer sogenannter Fisting-Attacken geworden", las der Off-Sprecher Elmar Bartel ungerührt vor.
Mit der Fisting-Assoziation im Kopf, bekamen auch seine Hinweise darauf, wie das Eindringen der Kontendiebe zu verhindern sei, eine neue Bedeutung: "Wie viele Konten betroffen sind, ist unklar. Die Unternehmen raten Nutzern, die Passwörter zu ändern." Auf Youtube, sowie in zahlreichen Blogs und Foren kursiert die Panne seit Mittwoch, selbst das ZDF zeigte sich gegenüber dem Faustfick-Thema aufgeschlossen und berichtet auf seiner Website über die Hintergründe. Dort erklärt Elmar Bartel, wie es zum Versprecher kam: "Ich hatte in meinem Kopf irgendwie die Begriffe 'Philister' oder 'Sophisticated' mit 'Phishing' in Verbindung gebracht. Die klangliche Nähe hat mir da wohl einen Streich gespielt. Auch beim Einlesen war es mir nicht aufgefallen." Es handle sich aber nicht um eine Freud’sche Fehlleistung.
Youtube | Der Ausschnitt aus der Sendung
Nun hat es mit Sicherheit auch fistende Philister gegeben, die sich ganz sophisticated (erfahren, kultiviert) dieser Tätigkeit hingegeben haben, ganz einleuchtend ist seine Erklärung allerdings nicht. Liegen doch Fisting und Phishing klanglich wesentlich näher beieinander. Zudem ist es ein offenes Geheimnis, dass der Sender ein sehr beliebter Arbeitsplatz für homosexuell empfindende Journalisten ist. Schließlich hätten, so bestätigt Bartel, nach dem Versprecher alle gelacht.
Bezeichnend allerdings, dass man davon in der Programmgestaltung null komma nichts mitbekommt.
Schwule dürfen weiterhin nur brav Gebührengelder zahlen, aber ohne jeden Anspruch auf eine gleichberechtigte Partizipation im Programm.
Wann kommen eigentlich Kinseys Erkenntnisse aus den 50ern auch mal in den Massenmedien an?
Warum lassen wir uns das eigentlich weiterhin gefallen?
Warum lassen sich insbesondere Männer (wenn wir beim Stichwort "Fisting" sind) einer freien und selbstbestimmten Sexualität berauben?
Ein bezeichnender Fund auf einer Hetero-Seite, der die sexuelle Unterdrückung von Männern entlarvend zu Tage treten lässt. Und uns zum grundsätzlichen Nachdenken hinsichtlich der "Machtverhältnisse" und der "Spielräume" der Geschlechter bringen sollte:
"Wird bi gerne gesehen?
Unter unseren weiblichen Gästen ist bi weit verbreitet und wird auch gerne gesehen... Bi-veranlagte Männer haben es da etwas schwerer, da dies in unserer Gesellschaft immer noch als etwas Unmoralisches gilt."
Endlich Zeit für männliche Emanzipation?