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- 26. Oktober 2009 3 Min.
Die Ministerposten im neuen Kabinett sind vergeben. Was ist zu erwarten von den Männern und Frauen in den Ressorts, in denen Homopolitik relevant ist?
Von Christian Scheuß
Auswärtiges Amt – Guido Westerwelle (FDP)
Mit Spannung fragen sich alle, wie sich Merkels Vize als Außenminister schlagen wird. Und ob er auf dem internationalen Parkett die Stimme erheben wird – egal ob auf Englisch oder Deutsch – um sich für die Rechte sexueller Minderheiten einzusetzen. Gelegenheit hätte er mehr als genug, zum Beispiel bei einigen osteuropäischen Nachbarn, die CSD-Demos verbieten und deren Teilnehmer nicht ausreichen vor homophoben Übergriffen schützen. Die queer.de-Leser trauen Westerwelle nicht allzu große Courage bei dem Thema zu. "Ist von einem Außenminister Westerwelle Homopolitik zu erwarten?" fragten wir Ende September. Rund 43 Prozent waren sich sicher, dass von ihm nichts zu erwarten sei. Rund 47 Prozent glaubten aber, dass er zumindest recht allgemein von Bürgerrechten reden werde, das schwule Fähnchen dabei aber möglichst niedrig hängen werde. Schaun wer mal…
Justiz – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
Ja, die Schnarri, wie sie gerne liebevoll genannt wird. Den Posten der Schwulenmutti hat sie auf jeden Fall schon in der Handtasche. Und das Glaubwürdigkeitsproblem, das Kollege Guido belastet, hat sie nicht. Obwohl ein wichtiges Thema ihres Ressorts möglicherweise auf dem Koalitionsaltar geopfert wurde. Noch im Juni sprach sie sich ganz pragmatisch für das volle Adoptionsrecht aus: "Kinder aus Regenbogenfamilien brauchen den gleichen Respekt und die gleiche Sicherheit wie alle anderen Kinder auch. Respekt entsteht auch durch die gleiche Behandlung der Kinder vor dem Gesetz." Jetzt darf sie aber erst einmal an einem modernen Transsexuellengesetz basteln, das lange überfällig ist. Sollte sie die CDU dann später doch noch von der Adoption überzeugen können, werden wir Schnarri zur Oberschwulenmutti ernennen.
Familie – Ursula von der Leyen (CDU)
Die Kollegin von der Leyen müsste beim Adoptionsrecht natürlich mitziehen, ist schließlich auch Familienpolitik. Doch die bisherigen Taten und Worte der energischen Großfamiliengründerin lassen Skepsis aufkommen, ob diese Nuss tatsächlich geknackt werden kann. Ihr populistischer und technisch ungeeigneter Vorstoß zur Eindämmung von Kinderpornographie ist glücklicherweise vom Tisch, aber bislang ebenso wenig vergessen wie das Fettnäpfchen, in das sie als Schirmherrin des Bremer Jugendkongress Christival Anfang 2008 trat. Dort sollte ein Seminar zur Therapierbarkeit von Homosexualität stattfinden. Die Distanzierung kam spät, Schirmherrin blieb sie. In Merkels Wahlkampfteam im Jahr 2005, damals noch als Sozialministerin in Niedersachsen amtierend, sprach sie sich gegen weitere Angleichungen der Eingetragenen Lebenspartnerschaft an die Ehe aus: "Wir müssen uns weiß Gott um andere Probleme kümmern - nämlich zunächst einmal um den Schutz der Familie". Na dann, Amen, Frau Familienministerin.
Gesundheit – Philipp Rösler (FDP)
Der Mediziner, Jahrgang 1973, hat zumindest einen Sympathiebonus. Als Schirmherr beim Sommerloch-Festival oder auf den CSDs Nordwest und Braunschweig, auf denen er sich in den letzten Jahren entspannt zeigte, wurde er garantiert heftig angeflirtet. Doch was beim zweifachen Familienvater wirklich zählen wird, das ist seine künftige Gesundheitspolitik. Ein "robustes und gerechtes" System wolle er errichten. Ob das am Ende eine Verschlechterung der Versorgung zum Beispiel von AIDS-Patienten oder eher Verbesserungen zeitigen wird, und wie es mit der HIV-Prävention weitergehen wird, wissen wir jetzt noch nicht. Bei der DAH, die unter anderem die Weiterführung des nur befristet finanzierten Präventionsprojektes "Ich weiß, was ich tu" auf der Wunschliste stehen hat, wird man aber mit Sicherheit froh darüber sein, einen Minister vor sich sitzen zu haben, der aufgeschlossener zu sein scheint als eine Kollegin von der Leyen, die ebenfalls für das Gesundheitsressort im Gespräch war.
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