Hat Rosa von Praunheim mit seinem Outing von Biolek und Kerkeling gesündigt und muss er dafür büßen? Der Filmemacher sucht in seiner Doku die Hölle.
Von Carsten Weidemann
"Was ist denn mit dem Jüngsten Gericht?" fragt Rosa von Praunheim aus dem Off. Ihm gegenüber sitzt die Kirchenkritikerin Uta Ranke Heinemann, mit einem simplen wie vernichtenden Urteil: "Das gibt’s nicht. Das ist auch nur erfunden." Rosa von Praunheim hat einen langen Dokumentarfilm zur Geschichte der Hölle gedreht. Es ist seine persönliche Suche nach den Ursprüngen der Seele, nach der Findung von Religionen und den Konzepten der Vergeltung im Jenseits. Rosa von Praunheim ist katholisch aufgewachsen, war Messdiener und hat die Androhung einer grausamen Hölle für den Todsünder von strengen Priestern in den fünfziger Jahren erlebt.
Jetzt als älterer Mann will er sich noch einmal auf die Suche nach der Hölle machen. Er befragt Theologen, Kulturwissenschaftler, Fundamentalisten und Religionskritiker. Er findet auch in anderen Religionen grausame Höllenvorstellungen, wie im Islam, bei den Hinduisten und selbst bei den Buddhisten gibt es acht kalte und acht heiße Höllen. Die ersten Berichte einer Unterwelt haben wir schon im Gilgamesch Epos bei den Sumerern, in der Odyssee bei den Griechen, die wiederum die jüdische Nachwelt beeinflusst haben und diese die Christlichen Vorstellungen. Die bekanntesten und grausamsten Höllendarstellungen finden wir im Mittelalter bei dem Maler Hieronymus Bosch und dem Dichter Dante, der in seiner Göttlichen Komödie detailliert eine Höllenfahrt beschreibt.
Seit der Aufklärung trat der Schreckensbegriff der Hölle in den Hintergrund. Trotzdem finden wir im katholischen Katechismus von heute die Androhung einer ewigen Hölle mit Feuerstrafen. Die bibeltreuen Evangelisten malen die Hölle in den schrecklichsten Farben aus. In der modernen Vorstellung der Menschen ist die Hölle durch Weltkriege und Holocaust längst auf der Erde angekommen. Auf der anderen Seite sind Höllenbilder in der Popkultur zum großen modischen Spaß geworden, in der Musikszene wie Black Metal zu einer scharfen Kritik an der christlichen Kirche.
Praunheim tritt in dieser Dokumentation nicht als Provokateur auf, er stellt einfach interessierte Fragen und wundert sich dabei: "Interessant ist, dass modernes Denken die Religion nicht verdrängt hat, im Gegenteil. Das Bedürfnis sich unsterblich zu machen, die Schwierigkeit sich mit dem Tod nicht abzufinden zu können und die Suche nach einer ausgleichenden Gerechtigkeit scheint den Menschen vom Tier zu unterscheiden. Vielleicht ist es der Traum, der uns befähigt unserer Fantasie freien Lauf zu lassen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben für uns selbst und ein schlechteres für unsere Feinde."
Die Termine
30.&31.10.2009 Hofer Filmtage, Uraufführung
ab 1.11.2009 Filmhaus Köln
am 2.11.2009 Kino International, Berlin
ab 4.11.2009 Lumiere, Göttingen
ab 5.11.2009 Hackesche Höfe, Berlin
ab 12.11.2009 Orfeos Erben, Frankfurt/Main
am 16.11.2009 Cinema Ostertor, Bremen
ab 24.11.2009 Atelier Kino, München
am 09.12.2009 Akademie der Künste, Berlin
ab 10.12.2009 Schaubühne Lindenfels, Leipzig
ab 10.12.2009 Lichtspieltheater, Rostock
Die Frage nach der ausgleichenden Gerechtigkeit ist berechtigt.
Für mich ist es nicht vorstellbar, dass die Nazi-Schergen in den KZs (unter anderen) Zehntausende von Homosexuellen foltern und ermorden durften, ohne dass dies für sie Folgen -in welcher Form auch immer- gehabt haben sollte.