Der homophobe Reggae-Sänger Sizzla will nächste Woche in Berlin, München, Stuttgart und Wuppertal auftreten. In Berlin ist eine Demo geplant.
Von Norbert Blech
"Lesben und Schwule, ich sage, tot sollen sie sein. Ich traue Babylon für keine Sekunde. Ich gehe und erschieß Schwule mit einer Waffe" - mit derlei romantischen Lyrics ist der Reggae-Künstler Sizzla weltweit bekannt geworden.
Für den 33-jährige Sänger aus dem Nordosten Jamaikas ist Homophobie, wie auch für seine Kollegen Elephant Man oder Buju Banton, ein erfolgreiches Stilmittel - mit Folgen: Menschenrechtsorganisationen zufolge heizen diese Lieder die Stimmung in Jamaika auf und liefern die Rechtfertigung zu Lynchattacken auf Schwule. Das Auswärtige Amt hat daher Anfang des Jahres eine Reisewarnung für Jamaika herausgegeben (queer.de berichtete).
Sizzla hat zwar im Jahr 2007 eine Erklärung unterschrieben, nach der er "das Recht von Menschen, ohne Gewalt zu leben, respektiert und aufrechterhält, egal welcher Religion, sexuellen Ausrichtung, Rasse, ethnischer Herkunft oder welchem Geschlechts sie angehören" (queer.de berichtete). Laut LSVD soll er allerdings in Jamaika die Unterzeichung abgestritten haben, nach Informationen der Deutschen Botschaft führe er auch weiterhin volksverhetzende Stücke auf. In einer Pressekonferenz nach dem "Summerjam Festival" 2007 in Köln erklärte er: "Gründest du eine Familie, erweist du deiner Mutter Respekt. Gehst du zu anderen Männern, ziehst du ihr Ansehen in den Schmutz. Ein Mann muss sich entscheiden, ob er ein Stück Dreck sein will oder ein stolzer Mann - so einfach ist das." Und in dem Lied "Nah Apologize" führte er die Unterzeichnung ad absurdum: "Ein Rastamann entschuldigt sich nicht bei Schwuchteln."
Fünf Konzerte in vier deutschen Städten
Nun wird es eine Demonstration gegen Sizzla geben. Am 26. November, wenn der Sänger im Kesselhaus der KulturBrauerei Berlin auftritt, sollen sich am benachbarchten S-Bahnhof Schönhauser Allee Konzertgegner sammeln. Die Initiative Smash Homophobia hatte zunächst vergeblich versucht, die Veranstalter zu einer Absage des Konzerts zu bewegen. Diese begnügen sich mit der Erklärung aus 2007 und wollen das Konzert zur Kontrolle aufzeichnen.
Über den Auftritt von Sizzla im Backstage in München am 27. November hatte es vorab Streit gegeben: "Wenn Sizzla keine Erklärung abgibt, in der er sich von volksverhetzenden, Gewalt verherrlichenden und homophoben Inhalten distanziert, wird der Auftritt verboten", hatte eine Sprecherin des Kreisverwaltungsreferates Anfang November erklärt (queer.de berichtete). Auch der Veranstalter wollte auf eine solche Distanzierung bestehen. Das Konzert wird stattfinden.
Im notorischen U-Club in Wuppertal, in dem regelmäßig alles auftritt, was in der homophoben Reggae-Szene Rang und Namen hat, wird Sizzla gleich zweimal auftreten: Nachdem das für den 28. November geplante Konzert bereits ausverkauft ist, haben die Veranstalter einen Zusatztermin am 25. November einberaumt. Auf Kritik antworteten die Veranstalter in einer Pressemitteilung, Homophobie sei in den Räumlichkeiten unerwünscht. Man scheue nicht die inhaltliche Auseinandersetzung, aber Verbote für homophobe Künstler kämen nicht in Frage: "Um jedoch unter den gegebenen Umständen überhaupt weiterhin Reggae- und Dancehallkonzerte und Parties machen zu können, müssen wir (in diesem Fall: wir alle, die deutsche Dancehallszene: Künstler, Veranstalter und Publikum!) Alternativen zum Auftrittsverbot finden." Klartext: der Club kann schließen, wenn nur noch Homo-Freunde auftreten.
Erfolgreiche Europatour
In Stuttgart wird Sizzla am 29. November auftreten, im Zapata. Die Hamburger "Fabrik" hat den Schwulenhasser nach Protesten bereits Ende August wieder ausgeladen. Auf einen Trick zur Verhinderung der Konzerte können Schwule und Lesben nicht mehr hoffen: Im letzten Jahr war Sizzla bei der Einreise nach Spanien verhaftet und abgeschoben worden (queer.de berichtete). Doch in diesem Jahr hat Sizzla seine siebenwöchige Tour durch Europa schon fast beendet, der Sänger trat in den Niederlanden, der Schweiz, in Dänemark, Schweden, Slowenien, Italien und Frankreich auf. Nur Großbritannien blieb von vornerein außen vor: der Staat hat dem Sänger in der Vergangenheit bereits mehrfach die Einreise verweigert.
Der Text aus der Einleitung stammt übrigens aus dem Song "Get to the point". Wie man bei Youtube sehen kann, führte Sizzla den Song noch vor einem Monat in Amsterdam auf. Ob die Lyrics ausgetauscht wurden, ist nicht erkennbar.
Wisst ihr, was besonder pervers ist? Eine Woche vorher, am 21. November 2009, findet im Zapata eine der größten schwulen Partys Stuttgarts statt: die Fame...