Die geplanten Auftritte des homophoben Reggae-Sängers Sizzla in vier Städten sorgen für weiteren Protest.
Von Norbert Blech
Kurz vor Beginn einer Tour des homophoben Reggae-Sängers Sizzla durch Deutschland mehren sich die Rufe nach Konzert-Absagen. Der 33-Jährige Jamaikaner, der in früheren Songs zum Mord an Schwulen aufgerufen hatte, soll in dieser Woche in Berlin, München, Stuttgart und Wuppertal auftreten (queer.de berichtete).
Die Bundeskonferenz der schwul-lesbischen Unireferate und Hochschulgruppen hat die Geschäftsleitungen des Kesselhaus der Kulturbrauerei in Berlin, des Backstage in München, des U-Club in Wuppertal und des Zapata in Stuttgart aufgefordert, die Konzerte abzusagen. Sizzla habe gezeigt, dass er trotz gegenteiliger Verpflichtung weiterhin homophobe Lieder vortrage. "Seine Auftritte in Deutschland symbolisieren in unseren Augen eine Tolerierung solch menschenverachtenden Verhaltens durch die Veranstalter", so das Statement der Studenten. "Musik, in der zu Gewalt aufgerufen wird, darf keine Bühne geboten werden!"
Wird die Verantwortung hin- und hergeschoben?
Auch der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) appelliert an die verantwortlichen Konzertmanager, die Konzerte abzusagen. "Wir bleiben dabei: Hierzulande darf kein Interpret auftreten und auch noch Geld verdienen, der zu Mordtaten an Schwulen und Lesben aufruft und für Morde an Schwulen auf Jamaika womöglich mitverantwortlich ist. Interpreten, die menschenverachtendes Gedankengut im Repertoire führen, darf keine Bühne geboten werden", so Klaus Jetz vom LSVD.
Der Verband erklärte, er habe bereits im September die Polizeibehörden der vier Städte, das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium auf die geplanten Auftritte von Sizzla hingewiesen und an die Verhinderung von früheren Konzerten durch ein Einreiseverbot erinnert. "Warum der Sizzla in diesem Jahr in den Schengenraum einreisen kann, ist uns nicht bekannt", so der LSVD. In seiner Antwort vom 16. Oktober habe das BMI auf "die Zuständigkeit der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen für präventive und repressive Maßnahmen im Zusammenhang mit den vorgesehenen Auftritten" verwiesen. Das Innenministerium habe gegenbüber den zuständigen Landesbehörden angeregt, den "Auftritt aufmerksam (zu) beobachten und gegebenenfalls in eigener Verantwortung geeignete Maßnahmen der Gefahrenabwehr bzw. der Strafverfolgung zu ergreifen, um den Vortrag strafbewehrten Liedgutes zu verhindern".
Beck: Konzerte eine unverständliche Nachlässigkeit der Behörden
Am Wochenende hatte bereits der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, in Richtung Bundesinnenminister de Maizière (CDU) gefordert, dieser solle die Einreise des Hasssängers verhindern. Beck erinnerte dabei an das frühere, erfolgreiche Vorgehen durch ein Einreiseverbot. "Es ist unverständlich und eine nicht hinzunehmende Nachlässigkeit, wenn er nun einfach wieder auftreten darf", so der Grünen-Politiker. "Dabei kommt es nicht darauf an, ob er hier in Deutschland seine Mordaufrufe singt. Man würde ja auch einen Holocaustleugner nicht auftreten lassen, wenn er verspricht nur über den Ersten Weltkrieg zu schwadronieren."
Die Initiative "Smash Homophobia" veröffentliche am Wochenende eine Adressenliste mit Personen und Firmen, die die Tour durchführen oder diese unterstützen. "Smash Homophobia" hat inzwischen einen Aufruf für die geplante Demo gegen den Auftritt Sizzlas in Berlin fertig gestellt. Zur Teilnahme an der Demonstration am Donnerstag (ab 18.30 Uhr am S-Bahnhof Schönhauser Allee) haben schwule Verbände und Politiker bislang nicht aufgerufen.