Easyjet hat sich für ein Fotoshooting des Bordmagazins am Mahnmal für ermordete Juden in Berlin entschuldigt. Das wirft die Frage auf, was von entsprechenden Profil-Fotos bei Gayromeo zu halten ist.
Von Norbert Blech
Die Stiftung für das Berliner Holocaust-Mahnmal will die Fluggesellschaft Easyjet um eine Erklärung zu den umstrittenen Modeaufnahmen im Stelenfeld des Denkmals bitten. Man habe keine Genehmigung für derlei Fotos erteilt, erklärte der Direktor der Stiftung, Uwe Neumärker.
In der aktuellen Ausgabe des Bordmagazins gab es eine Fotostrecke mit Models vor unterschiedlichen Plätzen in Berlin, darunter das Mahnmal. Die Fluggesellschaft hat sich inzwischen entschuldigt und die Novemberausgabe des Magazins zurückgezogen. Man werde die Zusammenarbeit mit dem Herausgeber des Bordmagazins prüfen, erklärte die Airline. Auch der Herausgeber veröffentlichte bereits eine schriftliche Entschuldigung auf seiner Internetseite.
Kommerzielle Fotos würden grundsätzlich abgelehnt, ansonsten bräuchten Aufnahmen einen inhaltlichen Bezug zum Mahnmal, erklärte Neumärker. "Wir werden Easyjet um eine Aufklärung der Hintergründe der Aufnahmen bitten".
Sexy oder unsexy?
Der aktuelle Streit birgt die Frage, was eigentlich von Profilfotos bei Gayromeo & Co. zu halten ist, in denen Jungs oder Männer zwischen den Stelen posieren. Im Ausland wundert man sich über den merkwürdigen Trend: das schwule Blog "Catch Fire" sammelt einige der Fotos unter der Kategorie "Memorial Pics". "Ich habe nie verstanden, was der Gedanke bei den Fotos ist (und ich habe wirklich eine Menge davon gefunden, also muss irgendein merkwürdiger Gedanke dahinter stecken)", schreibt der Blogger. "Ich denke, es ist faszinierend, wie all diese Leute sexy aussehen wollen an einem Ort, der zu denen auf der Welt gehört, die am wenigsten sexy sind."
Das Blog Ordnungspolitiker schreibt zum Thema, man solle über ein Foto-Verbot nachdenken: "Das Denkmal sollte sich trotz aller Offenheit nicht dem aktuellen 'hauptsache Spaß' Mainstream fügen und zur Fotokulisse verkommen." Die Taktlosigkeit müsse ein Ende haben, denn die Geschichte sei zu ernst.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas nach dem Entwurf von Peter Eisenmann wurde am 12. Mai 2005 nach zweijähriger Bauzeit eröffnet. Der Besuchermagnet in der Nähe des Brandenburger Tors war von vornherein umstritten. Kritiker sehen in dem Mahnmal Beliebigkeit und Erklärungsmangel. Befürworter loben die Offenheit des Mahnmals, die es von einer "Kranzabwurfstelle" unterscheide. Seit 2008 gibt es im Tiergarten gegenüber das Denkmal für verfolgte Homosexuelle in der Nazi-Zeit, das sich, in Form einer Stele mit Video-Installation, auf das Mahnmal bezieht.
Typisch, immer wenn irgendwas mit dem Zentral der Juden nur in sehr entfernter Weise in Kontakt geraten könnte, meldet man sich sofort mit dem Hinweis auf die Vergangenheit Deutschlands.
...