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- 29. November 2009 3 Min.
Der jamaikanische Hasssänger Sizzla, der in seinen Liedern zum Mord an Schwulen aufruft, konnte trotz Protesten am Samstag erneut im Wuppertaler U-Club auftreten. Das Konzert lief nach Polizeiangaben ohne Störungen ab.
Nach einem Bericht von Radio Wuppertal haben Unbekannte am Samstagmorgen stinkende Buttersäure in die Lüftung des Clubs im Stadtteil Elberfeld geschüttet, um den heftig umstrittenen Auftritt noch zu verhindern - allerdings ohne Erfolg. Auch seien Absperrgitter in die Wupper geworfen worden. Die Betreiber des U-Clubs hätten deswegen Anzeige erstattet.
Am Abend demonstrierten weit über hundert Menschen vor dem Club gegen den Auftritt Sizzlas. Nach Angaben des grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck, der zusammen mit seinem Wuppertaler Fraktionskollegen Hermann E. Ott vor Ort war, kamen trotz strömenden Regens mehr Demonstranten als Konzertbesucher.
Sizzla war bereits am vergangenen Mittwoch im Wuppertaler U-Club aufgetreten. Dieser Zusatztermin war anberaumt worden, nachdem das Konzert am gestrigen Samstag ausverkauft war. Am Mittwochabend hatten rund 50 Personen gegen den Auftritt protestiert (queer.de berichtete).
Proteste aus Politik und Szene ignorierte der U-Club. So hatten u.a. alle Fraktionen im Wuppertaler Ausschuss für Gleichstellung eine Absage der Sizzla-Konzerte gefordert: "Homophobie ist keine Bagatelle, denn sie schränkt die grundgesetzlich garantierte freie Entfaltung der Persönlichkeit für viele Bürgerinnen und Bürger empfindlich ein", heißt es in dem Beschluss. Und: "Musikveranstalter, Musikkonzerne und der Medienhandel sind in der Verantwortung, Hasssängern keine Bühne zu bieten. Aufrufe zur Gewalt müssen geächtet werden." Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) hatte erklärt, er schäme sich dafür, dass solch ein Konzert in Wuppertal stattfinde.
Der U-Club selbst erwiderte in einer Erklärung, Homophobie sei in seinen Räumlichkeiten unerwünscht. Man scheue nicht die inhaltliche Auseinandersetzung, aber Verbote für homophobe Künstler kämen nicht in Frage: "Um jedoch unter den gegebenen Umständen überhaupt weiterhin Reggae- und Dancehallkonzerte und Partys machen zu können, müssen wir (in diesem Fall: wir alle, die deutsche Dancehallszene: Künstler, Veranstalter und Publikum!) Alternativen zum Auftrittsverbot finden."
Münchner Backstage beklagt Hetzkampagne der schwulen Szene
Bislang haben die Proteste nur in Berlin und Hamburg dazu geführt, dass Sizzla nicht auftreten konnte - in der Hauptstadt sogar erst in letzter Minute (queer.de berichtete). Das Konzert in München fand hingegen wie geplant am Freitagabend im Backstage statt. Deren Geschäftsführer Stocker sprach in einem ddp-Interview sogar von einer "Hetzkampagne" der schwulen Szene gegen den Reggaesänger und meinte, die Vorwürfe gegen Sizzla "grenzten an Rufmord".
Heute abend will Sizzla im Stuttgarter Zapata auftreten. Der Veranstaltungsort hat sich immerhin in einem Brief an das Aktionsbündnis "Smash Homophobia" von "jeglichen Aussagen" des Hasssängers distanziert: "Wir bedauern auch dass dieses Konzert bei uns stattfinden wird", so das "Zapata". Allerdings könne man dem Konzertveranstalter, der die Räumlichkeiten gemietet habe, nicht mehr kündigen. "Dies wird aber definitiv das letzte Konzert dieses Künstlers bei uns sein", so das Schreiben. (cw)
Links zum Thema:
» Homepage der Wuppertaler Initiative "U-Club dichtmachen!"
» Homepage von "Smash Homophobia"













