In der Schweiz wurden die Pharma-Platzhirsche wegen Preisabsprachen mit abtörnenden Geldstrafen belegt. Nachahmer und Generika sind derweil auf dem Vormarsch.
Von Christian Scheuß
Erwischt! Die Pharmaunternehmen Pfizer, Eli Lilly und Bayer sollen nach dem Willen der schweizerischen Wettbewerbskommission rund 3,8 Millionen Euro Strafe zahlen, weil sie die Wiederverkaufspreise ihrer Potenzmittel Viagra (Sildenafil), Cialis (Tadalafil) und Levitra (Vardenafil) festgelegt hatten. Wie in Deutschland sind die Erektionsförderer zwar rezeptpflichtig, doch keine Krankenkasse kommt für die Kosten der Therapie auf. Die Unternehmen können deshalb die Preise frei bestimmen. Die Schweizer Wettbewerbsbehörde sieht es als erwiesen an, dass diese Preisfestlegung gemeinsam und damit wettbewerbsverhindernd erfolgt ist. Die Pharmaunternehmen bestreiten dies.
Während sich bei den Nachbarn in der Alpenregion nun möglicherweise Gerichte mit den Akten und der Strafzahlung auseinandersetzen, sieht man diese Geschichte in anderen Bereichen der Pharmaindustrie bereits als letzte Gefechte der Unternehmen, die in den vergangenen zehn Jahren prächtig mit Viagra und Co. verdient haben. Denn bald laufen Patente ab, in Slowenien ist dies sogar schon geschehen. Dort gibt es bereits eine Sildenafil-Billigvariante. Laut Süddeutscher Zeitung rechnet der Generika-Hersteller Ratiopharm im Jahr 2013 mit der Einführung von Viagra-Ersatz in Deutschland. Wie beim Aspirin von Bayer wird der Wirkstoff ASS für einen Bruchteil des Preises angeboten. Der Preissturz nach unten wird dem Verkauf der chemischen Erektionshilfe einen Schub nach oben verleihen.
An der Verschreibungspflicht bei Potenzmitteln wird nach bisherigen Aussagen nicht gerüttelt werden. Diese Hürde wird derzeit durch einen florierenden Graumarkt im Internet umgangen. Die häufig aus Indien stammenden Generika mit Namen wie Kamagra oder Apcalis kann man in entsprechenden Shops bestellen. Bezahlt per Kreditkarte oder mit Paypal, landen nach durchschnittlich einer Woche gepolsterte Briefe beim Empfänger. Mit dabei fotokopierte Zettel mit Hinweisen zur Einnahme der Wirkstoffe. Der Zoll fängt regelmäßig diese Medikamentennachahmungen ab vor allem, wenn sie aus Indien geliefert werden. Doch auch hier haben findige Geschäftsleute bereits reagiert. Inzwischen liefern sie aus Deutschland oder europäischen Nachbarländern. Foren, die an die Shopseiten angeschlossen sind, und in denen Käufer über ihre Erfahrungen berichten, helfen Interessierten, das Richtige zu finden, ohne dem vielbeschworenen Risiko der wirkungslosen oder gar gefährlichen Kopien ausgesetzt zu sein.
Wo immer man sich in den kommenden Jahren die Potenzpille besorgen wird, einem Schweizer Händler wird nichts mehr helfen können. Seine blau eingefärbten Kürbiskerne, die er unter dem Namen "Styriagra" angeboten hatte, sind verboten worden. Der Pharmakonzern Pfizer hatte gegen die "Markenparodie" geklagt und Ende August auch Recht bekommen. Das Kürbiskern-Viagra darf nicht mehr als solches angepriesen werden.