Das oberste Gericht Englands muss entscheiden, ob der Sänger seinen Hausarrest vor Millionenpublikum absitzen darf.
Von Norbert Blech
Der ehemalige Sänger von Culture Club, Boy George, beschäftigt das höchste Gericht Englands mit einer skurrilen Frage: Darf ein verurteilter Straftäter seinen Hausarrest im Big-Brother-Haus abhalten?
Ein entsprechendes Gesuch will der 48-Jährige am Dienstag persönlich vor dem High Court von England und Wales in London stellen. Medienberichten zufolge soll der offen schwule Sänger bereits 200.000 britische Pfund von der Produktionsfirma Endemol UK erhalten haben, die für die verschiedenen Big-Brother-Varianten auf der Insel verantwortlich ist.
Anfang des Jahres war George O’Dowd, wie Boy George bürgerlich heißt, wegen Freiheitsberaubung in London zu 15 Monaten Haft verurteilt worden (queer.de berichtete). Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass der Sänger den norwegischen Escort Audun Carlsen gegen dessen Willen festgehalten und mit einer Eisenstange geschlagen hatte. Nach vier Monaten Haft wurde die Strafe in Hausarrest umgewandelt, Boy George muss zudem eine elektronische Fußfessel tragen (queer.de berichtete).
Öffentliche Reue?
Die neue Staffel von "Celebrity Big Brother" soll bereits ab dem 3. Januar auf Channel Four laufen; erhält Boy George die Erlaubnis zur Teilnahme, soll er Medienberichten zufolge unter anderem auf MC Hammer und Pamela Anderson treffen. Die Gewerkschaft von Bewährungsstrafenpolizisten kritisierte das Vorhaben: Eine Teilnahme an der Show mache Bedingungen wie das Melden auf der Polizeistation schwierig. Zudem könnten Menschen durch eine entsprechende Entscheidung das Vertrauen in die Justiz verlieren.
Freunde des schwulen Sängers argumentierten hingegen in den Medien, ein Auftreten in der Show gäbe ihm die Chance zur öffentlichen Reue. Zudem hätten das mediale Tragen der Fußfessel und öffentliche Diskussionen über die Arrestbedingungen aufklärerischen und abschreckenden Charakter. Zudem ist der Hausarrest ohnehin nicht strikt: Boy George darf derzeit auch als DJ auf Partys arbeiten und sogar Konzerte geben.
Publicity für "Big Brother"
Wie auch immer das Gericht entscheidet, die Diskussion ist ein weiterer Coup für "Big Brother" in Großbritannien. "Celebrity Big Brother" ist ein Spin-off des Reality-Formats für die Wintermonate und hat in den letzten Jahren immer wieder für Aufregung gesorgt. 2007 kam es zu einer nationalen Debatte über Rassismus, als zwei Teilnehmerinnen die Schauspielerin Shilpa Shetty vor laufenden Kameras mobbten.
Auch das normale Format, das staffelweise im Sommer gesendet wird und mehr auf Psychologie und Sozialstudie als Voyeurismus setzt, sorgte immer wieder für Gesprächsstoff. Gewonnen hat das Format unter anderem ein Schwuler, eine Transsexuelle und ein Teilnehmer mit Tourette-Syndrom. An homosexuellen Kandidaten herrschte in allen Staffeln generell nie Mangel; 2005 durfte sich die halbe Community an die eigene Jugend erinnert fühlen, als sich ein schwuler Teilnehmer Folge für Folge immer tragischer in einen heterosexuellen Mitbewohner verliebte.
Die besten Jahre sind allerdings vorbei: Die früher hohen Einschaltquoten sanken und Channel Four erklärte vor wenigen Monaten, das Format im Sommer 2010 auslaufen zu lassen. Zuvor hatte bereits der Schwesternsender E4 eine Miniserie des Fernsehkritikers Charlie Brooker gezeigt, die auf ungewohnte Art mit "Big Brother" abrechnet: In "Dead Set" wird das Haus von Zombies überrant.
Nachtrag, 23.12.: Das Gericht hat den Antrag von Boy George abgelehnt.