Außenminister Guido Westerwelle hat Saudi-Arabien und den Jemen besucht - zwei Länder, in denen Homosexuelle wie er eigentlich ins Gefängnis gesteckt oder sogar hingerichtet werden können.
Von Dennis Klein
Auf seiner Antrittsreise im Nahen Osten ist Guido Westerwelle gerade von Saudi-Arabien aus im Jemen angekommen. Danach fliegt er weiter nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Während der rund einwöchigen Auslandsreise besucht er damit vier Staaten, die Schwule verfolgen; im Katar drohen "nur" fünf Jahre Haft, in den Emiraten bis zu 14, Saudi-Arabien und der Jemen lassen Homosexuelle sogar köpfen.
Kein Wunder, dass im Vorfeld von "Westerwelles heikelste Reise" ("Hamburger Abendblatt") die Rede war. Dennoch wurde der FDP-Chef von den Saudis ausgesprochen freundlich aufgenommen: König Abdullah empfing den Außenminister kurzfristig - diese Ehre kommt nur wenigen Ministern auf Staatsbesuch zu. Insgesamt zwei Stunden sprachen die sprachen die beiden Politiker miteinander. Dabei ging es hauptsächlich um Wirtschaftsfragen - Saudi-Arabien ist trotz seiner Menschenrechtspolitik ein großer Handelspartner Deutschlands. Westerwelle hat daher eine Delegation von Managern und Firmenchefs dabei, die sich um Aufträge in Saudi-Arabien bewarben.
"Es gibt selbstverständlich auch Meinungsunterschiede"
Westerwelle brachte aber dennoch das Thema Minderheitenrechte zur Sprache, wie er nach einer Unterredung mit dem saudischen Außenminister Prinz Saudi al-Faisal bekräftigte: "Es gibt selbstverständlich auch Meinungsunterschiede. Wir haben ausführlich die Frage der Menschenrechte besprochen", so Westerwelle. Bereits im Vorfeld hatte der FDP-Politiker erklärt, er werde "umfassend" für die Menschenrechte eintreten - das bedeute, dass sein Einsatz nicht auf "persönliche Lebenslagen" ausgerichtet sei. Das Wort "homosexuell" verwendete er öffentlich in Saudi-Arabien nicht. Prinz Sadi al-Faisal war ohnehin nicht beeindruckt: Er erklärte, dass Mennschenrechte am besten in "göttlicher Ordnung" umgesetzt werden würde; und diese Ordnung herrsche schließlich in seinem Land. Es sei ohnehin keine Lösung, wenn "eine Seite der anderen ihre Sicht aufzwinge".
Deutschland sitzt hier am kürzeren Hebel: Gerade in der Wirtschaftskrise steht die Regierung unter Druck, die Handelsbeziehungen auszubauen, um die Steuereinnahmen zu steigern. Westerwelle hatte homophoben Staaten zwar im Wahlkampf damit gedroht, die Entwicklungshilfe zu kürzen (queer.de berichtete). Allerdings bezieht Saudi-Arabien keine.
Am Montag ist Westerwelle dann zu einem nicht angekündigten Besuch im Jemen eingetroffen. Hier gilt als Hauptthema der Kampf gegen den Terror, da das Land zuletzt als Hafen für Al-Kaida-Terroristen Schlagzeilen machte. Es ist nicht zu erwarten, dass Westerwelle hier das Thema Homosexualität ansprechen wird - und die Gastgeber werden auch hier freundlich zum Privatleben des deutschen Gastes schweigen.
Einheimische Homo-Hasser nehmen dagegen kein Blatt vor den Mund: So warnt die private katholische Website kreuz.net den Minister davor, seine "Sexualneurosen" in den Vordergrund zu rücken. Seine Aufgabe sei es, "zukünftig als Außenminister der Deutschen und nicht als Propagandist der Homo-Perversen" aufzutreten, finden die ultrakonservativen Christen.
Bevor Westerwelle in den Nahen Osten aufbrach, hatte er noch den europäischen NATO-Verbündeten Türkei besucht. Auch hier verlief der Antrittsbesuch in freundlicher Atmosphäre. Hier ist Homosexualität zwar bereits seit 1858 legal, allerdings wird es in großen Teilen der Gesellschaft tabuisiert. Selbst die berüchtigte Boulevardpresse, die sich sonst über "unmoralische Lebensstile" entrüstet, war dem Außenminister sehr freundlich gesonnen. Immerhin stellte der schwule Außenminister der Türkei die Mitgliedschaft in der EU in Aussicht - während die heterosexuellen Mannen des Koalitionspartners CSU selbst eine demokratische Türkei auf ewig aus dem Club der Europäer heraushalten wollen.
Interessant ist jedenfalls, das gerade Saudi Arabien noch nie ermahnt wurde - obwohl doch dieser Staat der größte Verbündete der USA ist!