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- 12. Februar 2010 2 Min.
Der DFB wollte ein Klima schaffen, in dem sich offen schwule Sportler outen können. Er hat auf ganzer Linie versagt.
Von Norbert Blech
Es sind zwei Klischee-Bilder, die Boulevardmedien in den nächsten Wochen bei der Aufarbeitung des aktuellen DFB-Skandals zum Thema Homosexualität in die Köpfe ihrer Leser brennen werden: das des Fummel-Opas und das des peinlichen, beziehungsgestörten Jungschwulen.
Ganz abgesehen von der Frage nach der Berechtigkeit der darin enthaltenen Vorwürfe über die jeweilige Person ist das Ausufern des Skandals blamabel für DFB-Präsident Theo Zwanziger, der das Thema Homophobie im Fußball zur Chefsache gemacht hatte und ein Klima schaffen wollte, in dem sich offen schwule Sportler outen können und Vorbild sein sollen. Damit darf nun die nächsten Jahre nicht mehr gerechnet werden.
Dabei hätte jeder seriöse Arbeitgeber die sich abzeichnende Boulevard-Schlammschlacht verhindern können und verhindern müssen. Er hätte die Vorwürfe sofort intern geklärt und daraus Konsequenzen gezogen, diese notfalls dann auch inhaltlich erklären können, ohne sein Ansehen, das Ansehen der Beteiligten und auch das Ansehen von Schwulen zu beschädigen.
Eine Chronik des Versagens
Was macht der DFB? Er lässt sich erstmal zwei Monate Zeit, um überhaupt zu reagieren. Dann tritt ein Verantwortlicher zurück, weil er nicht informiert wurde, und übersieht in seiner Eitelkeit, dass er die ganze Geschichte damit publik macht (es ist auch nicht auszuschließen, dass er genau das wollte). Dann erklärt der Verband, dass er nichts zu den laufenden Ermittlungen erklären wird - und lässt damit Spekulationen erst recht wuchern (was genau Amerell vorgeworfen wird, ist genaugenommen immer noch nicht offiziell bekannt). Und mindestens eine Führungsperson im Verband hintergeht auch noch das Schweigegelübde, in dem sie nach und nach Details an die Springer-Presse füttert, darunter die Person des Beschuldigers. Worauf der Beschuldigte, immerhin ein hoher Verantwortlicher des DFB, als lose Kanone durch die Medien tingelt, aus einer privaten SMS zitiert und seinen Beschuldiger nebenbei mehr oder weniger als schwul outet.
Es ist ein trauriges Bild, das der Verband von sich abgibt. Wer sich jetzt noch mit seiner Homosexualität, seiner Depression oder was auch immer an den DFB wendet, kann nicht bei Trost sein. Anstatt mit seinem Problem ernst genommen zu werden, muss er damit rechnen, dass Details aus seinen vertraulichen Gesprächen für Machtspiele missbraucht werden und in der "Bild"-Zeitung landen. Deutschland - ein Winterhorror.
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