Schiedsrichter Michael Kempter bekräftigte mit schlüpfrigen Details in der "Bild"-Zeitung die Sex-Vorwürfe gegen den Funktionär Manfred Amerell – dabei betonte er seine eigene Heterosexualität.
Kempter hatte Amarell der sexuellen Nötigung beschuldigt, was vom Deutschen Fußballbund Anfang Februar bestätigt wurde (queer.de berichtete). Nun schildert der 27-Jährige gegenüber der Boulevardpresse Einzelheiten: "Herr Amerell hat über Jahre hinweg Vertrauen geschaffen, und dann ging es irgendwann los, verstärkt in den letzten zwei Jahren", so Kempter. "Erst nur mit Hand auflegen auf den Oberschenkeln – und dann wanderte die Hand immer weiter, in die Hose, in den Genitalbereich. Als die Hand in meine Hose ging, habe ich gedacht, 'Was soll ich jetzt machen?' Ich wollte nicht, aber er hat nicht aufgehört." Geschlechtsverkehr habe es aber nicht gegeben (Kempter: "Das wäre ja noch schlimmer").
Die insgesamt drei Vorfälle hätten sich im Auto und im Hotelzimmer nach einem Spiel ereignet. "Herr Amerell hat mich auch auf den Mund geküsst. Ich habe mich abgewendet, ihm deutlich signalisiert, dass ich das nicht will", erklärte Kempter. Amerell habe auf Ablehnung "sehr giftig" reagiert.
Vorwurf des "Abhängigkeitsverhältnisses"
Auf die Frage, ob er selbst schwul sei, antwortete Kempter: "Nein, bin ich nicht. Und wir haben auch niemals eine Affäre gehabt." Zwar könne jeder in den eigenen vier Wänden machen, was er wolle. Es ginge ihm nur darum, "ob jemand ein Abhängigkeitsverhältnis gegen den Willen anderer für seine Interessen ausnutzt." Ob er strafrechtliche Schritte gegen Amerell einleiten will, verrät Kempter derzeit noch nicht: "Das prüfen wir zur Zeit", erklärte der Schiedsrichter vage.
Im Deutschen Sportfernsehen hatte Amerell zuvor die Vorwürfe bestritten. Es habe auch kein Abhängigkeitsverhältnis bestanden, da er Schiedsrichter nicht von sich aus befördern könne.
Verdächtige SMS
Mit den Angaben Kempters wird der Zeitablauf des DFB-Skandals deutlicher: Aus seinen Aussagen geht hervor, dass sich einer der sexuellen Übergriffe im Oktober 2009 zugetragen haben soll. Am 17. Dezember habe er dann die angeblichen Vorfälle beim Schiedsrichter-Chef gemeldet. Am 1. Januar ist er dann zum FIFA-Schiedsrichter für internationale Spiele ernannt worden - als jüngster Referee aus Deutschland in der FIFA-Geschichte. Zwei Wochen später schrieb er eine SMS an Amerell. Darin hieß es: "Wieso machen wir alles kaputt? Ist das nötig? Denke es ist nicht richtig, dass wir Hass aufeinander haben. Beide haben Fehler gemacht. Doch normal ist alles reparabel, oder? Tut mir echt weh. Komm doch ohne Dich auch nicht klar! Michi". Wiederum drei Wochen später wurde die "Affäre" publik, Amerell veröffentlichte die SMS als Beweis, dass er nichts gegen den Willen des jungen Schiedsrichters getan habe. Im "Bild"-Interview wiegelt "Michi" den Inhalt der SMS jedoch ab: "Ach, ich wollte einfach noch mal versuchen, die Sache mit ihm direkt zu klären. Aber das hat nicht geklappt."
Zuletzt hatte der DFB die Affäre für beendet erklärt, da Amerell keinen Posten im Verband mehr innehabe (queer.de berichtete). DFB-Präsident Theo Zwanziger stellte aber klar, wer der Schuldige ist: Amerell habe sich "pflichtwidrig verhalten". (dk)
Bleibt nur anzumerken, dass wir auch zurückschlagen können und werden! Ich sage nur: Tausende von schwulen Jungs und Männern, die bereits jetzt in verschiedensten Gruppen und Vereinen aktiv und "out" sind! Die stolz darauf sind, Fußballer UND schwul zu sein! Da ist bereits jetzt eine Bewegung in Gang gekommen, die NIEMAND mehr aufhalten kann.
Ich halte das Vorgehen gewisser einflussreicher Kreise auch in diesem Fall deshalb allenfalls für einen Pyrrhus-Sieg. Bei genauer Betrachtung sogar für äußerst rückwärtsgewandt und nicht zukunftstauglich. Denn eines haben die Verantwortlichen, die da gezielt verzögert, verschleppt und in die Boulevardmedien gezerrt haben, auch erreicht: Das öffentliche Interesse an schwulen Profis, Schiedsrichtern etc. wird dadurch im Endeffekt weiter wachsen! Der Druck gegen die Verleugnung steigt also!
Also, wenn ich schwuler Fußball-Profi oder Schiedsrichter usw. wäre, dann würde ich mich schleunigst mit anderen Betroffenen zusammentun und dieses perverse Spiel der Selbstverleugnung und -erniedrigung beenden. Bevor andere es tun - was nur noch eine Frage der sehr überschaubaren Zeit ist - und ich damit jede Kontrolle über den Verlauf meines "Outings" verliere.