Das kleine Team um Eike Stedefeldt stellt die "Zeitschrift für sexuelle Emanzipation" nach 66 Ausgaben ein. Ein Nachruf.
Von Norbert Blech
In den besten Zeiten war die "Gigi" eine Wundertüte. Wo sonst im nicht gerade kleinen schwul-lesbischen Medienwald fand man eine Titelgeschichte über Ernst Röhm, eine Serie über die Auswirkungen deutscher Kolonialpolitik auf afrikanische Geschlechterverhältnisse oder die sexualpolitischen Deutungsebenen aktueller Vampir-Romane?
Diese Zweimonatszeitschrift, die ihre Abo-Rechnungen per Gayromeo verschickte, bot als eines von wenigen Medien (und wohl in Alleinstellung in Berlin) konsequente Kritik an den sehr merkwürdigen Zahlen, die eine Opferberatungsstelle als Statistik und Politik verkauft. "Gigi"-Autoren zählten die Erbsen der LSVD-Finanzen ebenso wie die Ausfälle von "taz"-Redakteuren oder Grünen-Politikern. Wenn es darum ging, Idiotie, Rassismus oder beginnende Korruption in der Szene zu entdecken und - meist übers Ziel hinaus - anzuprangern, war auf das Magazin mit Sitz in Berlin und Ein-Personen-Zweigstelle im niederrheinischen Moers lange Jahre Verlass.
Diese Arroganz!
Auch in der - im deutschen Journalismus generell sehr vernachlässigten - Rubrik Nachrufe setzte die "Gigi" Maßstäbe; der vielseitige und reflektierende, in die Geschichte wie in die Zukunft schauende Kulturteil hätte als einiziger in einem Homo-Medium den Titel "Feuilleton" verdient.
Doch konnten die Highlights die Schwächen selten überdecken. Diese Arroganz! Diese Selbstverliebtheit! Ein anklagender, besserwisserischer Stil kann einem Autor in einem einzelnen Bericht gut stehen; auch ist Haltung nicht das Problem des Journalismus, sondern der Mangel daran. Doch wer zu selbstgerecht kritisiert, vermasselt sich die Wirkung. Abwägen war nicht Sache der "Gigi", und deswegen wurde, wenn es um sie selbst ging, selten abgewägt, schnell geurteilt.
Der Rückzug von einigen Autoren (die Stimme von Dirk Ruder fehlt der Schwulenpolitik schon länger) und eine Überhand nehmende Schwerpunktsetzung auf den - durchaus einzubeziehenden - Bereich Pädosexualität schadeten dem Magazin, außerhalb des weiterhin hochwertigen Kulturteils wurde das Magazin nicht beliebig, aber häufig verzichtbar.
Man wird die Gigi nicht mehr sonderlich vermissen, sich aber wünschen, dass der eine Autor, die andere Autorin das Bloggen entdeckt.
Volle Zustimmung dazu!
RIP beste sexualemanzipatorische, oft unlesbare Zeitschrift!