Die Homoverbände in Nordrhein-Westfalen stellen der schwarz-gelben Regierung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ein schlechtes Zeugnis aus. Worauf setzt die Community?
Von Dennis Klein
Es wird spannend am 9. Mai, denn nach neuesten Umfragen wackelt die schwarz-gelbe Mehrheit. Sollte die Linkspartei, die gegenwärtig bei etwa fünf Prozent liegt, ins Parlament einziehen, könnte es sowohl für Schwarz-Gelb als auch für Rot-Grün nicht reichen - dann stünde entweder ein Linksbündnis, Schwarz-Grün oder vielleicht sogar eine Ampel-Koalition an. Ein neues Parteien-Experiment im bevölkerungsreichsten Bundesland würde beginnen. Und damit verbunden keimt neue Hoffnung bei den Homoverbänden auf.
Wir erinnern uns: Als CDU und FDP im Mai 2005 das Ruder übernahmen, bedeutete dies das Ende von rund vier Jahrzehnten SPD-Herrschaft in Düsseldorf. Homo-Aktivisten am Rhein und Ruhr sahen stirnrunzelnd auf das Ende von Rot-Grün und das zunächst (zumindest offiziell) zu hundert Prozent heterosexuelle Parlament. Zurecht, wie Alexander Popp, Landesgeschäftsführer des Schwulen Netzwerks NRW nun am Ende dieser Legislaturperiode diagnostiziert: "Diese Landesregierung interessiert sich leider kaum für die Probleme von Lesben und Schwulen." Auch der LSVD sprach 2005 von einer "großen Enttäuschung".
Dass die christlich-liberale Regierung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) das Thema Homopolitik nur mit spitzen Fingern anfasste, zeigte sich im Laufe der Zeit an Kleinigkeiten. So stoppte sie die Unterrichtshilfe "Mit Vielfalt umgehen", die Lehrer für andere Lebensweisen sensibilisieren sollte. Ein Sprecher des Bildungsministeriums bezeichnete die harmlose Fibel als rot-grüne "Erblast" und als "Werbung für bestimmte sexuelle Ausrichtungen". Nach Protesten erlaubte die Regierung die Fibel dann doch - allerdings mit Warnhinweis.
Dann "vergaß" Integrationsminister Armin Laschet (CDU) im europäischen Jahr der Chancengleichheit 2007 Homo-Aktivisten mit einzubeziehen. Das Schwule Netzwerk NRW sprach damals von "politisch motivierter Diskriminierung". Nicht zuletzt kürzte die Landesregierung im Jahr 2006 die Mittel für die homosexuelle Selbsthilfe um 20 Prozent.
Insgesamt sei die Lobbyarbeit anstrengender geworden, konstatiert Popp: "Auch wenn es im Parlament und im Familienministerium engagierte Einzelpersonen gibt, müssen wir unsere Belange ständig laut und deutlich selbst vertreten. Das macht keiner für uns. Da müssen wir dicke Bretter bohren."
Was also soll sich ändern ab Mai? "Die neue Regierung muss das Gemeinwohl ernsthaft fördern und – auch die subtile – Gewalt gegen Lesben und Schwule bekämpfen. Sie muss die Kürzungen zurücknehmen und das bürgerschaftliche Engagement von Lesben und Schwulen wieder stärker stützen", fasst Popp die Wünsche der Community zusammen. Daneben gibt es noch weiteren Anpassungsbedarf beim Beamtenrecht und der Hinterbliebenenversorgung für verpartnerte Schwule und Lesben. Heißes Thema bleibt auch die Arcus-Stiftung, mit der sich die Community weniger abhängig von den Richtungswechseln in der Förderpolitik machen will. Hier hofft man auf ebenfalls auf Unterstützung aus Düsseldorf.
"Die Wahl zum Landtag entscheidet auch für uns wesentlich, wie sich unsere Lebensbedingungen in den nächsten Jahren gestalten werden", meint auch Arnulf Sensenbrenner vom Lesben- und Schwulenverband. Zur Landtagswahl hat der LSVD in NRW den Parteien insgesamt acht Wahlprüfsteine zur Beantwortung vorgelegt. Gefordert wird darin u.a. ein Verbot der Ungleichbehandlungaufgrund der sexuellen Orientierung in der Landesverfassung sowie ein Landesbeauftragter für gleichgeschlechtliche Lebensweisen. Die Antworten auf die Wahlprüfsteine liegen noch nicht vor.
Termine zur Wahl:
15. März 2010, Düsseldorf:
Podiumsdiskussion des AK Lesben und Schwule in der NRW SPD,
AIDS-Hilfe Düsseldorf, Beginn 19 Uhr
17. März 2010, Düsseldorf:
Podiumsdiskussion des Völklinger Kreises / Regionalgruppe Düsseldorf,
Renaissance Hotel Düsseldorf, Beginn 20 Uhr
Na ja, so lange es nicht um die Begleitung eines schwulen Außenministers durch seinen Partner geht, sind Klientelpolitik und überhaupt asozialste Politik erlaubt.
www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,682124,00.html