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  • 18. Juni 2004 23 4 Min.

Von Norbert Blech

Die Homo-Gurke geht dieses Mal an Rot-Grün für das Scheitern der Magnus-Hirschfeld-Stiftung. Ein früher selbst gefordertes, sinnvolles Projekt wird abgelehnt, angeblich aus finanziellen Gründen. Das ist, erst recht angesichts des Themas, skandalös. Eine kollektive Entschädigung für NS-Opfer darf nicht daran scheitern, nicht am Geld und erst recht nicht an Politikereitelkeiten.

Das Haushaltsargument ist albern, wenn nicht vorgeschoben. Man muss nicht mal die Ausfälle durch das gescheiterte Maut-System bemühen, um die Beträge für die Stiftung als Peanuts für den Bundeshaushalt zu bezeichnen. Die FDP war zudem bereit, in den Verhandlungen die Summe zu reduzieren, die Zahlungen des Bundes an die Stiftungen zu verschieben und in kleinere Mengen pro Jahr zu zerstückeln. Die Regierung hat sich nicht darauf eingelassen.

Auch der Vergleich mit der Individualentschädigung ist kein Argument gegen die Stiftung. Zwar gab und gibt es hier Versäumnisse, gerade bei den "vergessenen" Opfern wie den Schwulen. Für sie gab es lange Zeit nur Härte-/Entschädigungsleistungen nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz, d.h., die Opfer von damals mussten recht arm sein, um eine Entschädigung zu bekommen.

Im Herbst 2002 wurde die Einkommensgrenze für diese Leistungen abgeschafft, auf eine Anfrage des Unions-Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb antwortete das Bundesfinanzministerium damals mit der Schätzung, "dass ca. 1000 überlebende NS-Opfer, die wegen Überschreitens der Notlagengrenze in der Vergangenheit abgelehnt wurden, nun ein einmalige Kapitalzahlung von 2556,46 Euro nach den AKG-Härterichtlinien erhalten können", bzw. durch eine Neubewertung erhalten sollen.

Eine Entschädigung für die homosexuellen NS-Opfer ist demnach bereits vorgesehen, auch wenn sie arg dürftig ausfällt (zum Vergleich: ehemalige Zwangsarbeiter, die im KZ waren, erhalten bis zu 7.700 Euro, was auch schon dürftig ist) und äußerst spät vollzogen wird. Für die Opfer des Paragrafen 175 nach der Nazi-Zeit bis 1969 hat es übrigens keine Entschädigung, nicht mal eine Rehabilitation gegeben. Rot-Grün hatte das in der letzten Legislaturperiode mit Hinweis auf "juristische Probleme" abgelehnt - aber das ist ein anderer Skandal.

Nun ist es Rot-Grün unbenommen, noch mehr für die wenigen noch lebenden NS-Opfer zu tun, auch die anderen §175-Opfer endlich zu rehabilitieren und zu entschädigen. Das sollte für ein linkes Parteienbündnis gar Verpflichtung sein. Gerade aufgrund der Versäumnisse ist aber eine kollektive Entschädigung in Form einer Hirschfeld-Stiftung angebracht, sie steht der individuellen Entschädigung auch nicht entgegen, würde ihr gar weitere Rechtfertigungsgründe liefern. Dass sie zweimal im Bundestag scheiterte, stimmt angesichts der Ernsthaftigkeit des Themas traurig.

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Gerade ein Mann hat das zu verantworten: Volker Beck. "Unser Mann" im Bundestag sorgte in der letzten Legislaturperiode mit einem unwürdigen Festhalten an seinen Ideen für eine Kuratoriumsbesetzung für das Scheitern im ersten Anlauf. CDU/CSU, FDP, einige linke Szenegruppen und -medien sowie der Autor dieser Zeilen warfen ihm damals vor, Partei- und Verbandsinteressen vor eine parteiübergreifende, sinnigere Lösung zu setzen. Hört man sich bei Abgeordneten in Berlin um, so scheint Becks Trotz auch einer der Hauptgründe für das Scheitern in der zweiten Runde.

Es passt da gut ins Bild, dass Volker Beck tagelang für diese Redaktion nicht zu erreichen war, nicht zurückrief, dass der grüne Schwulenreferent Günter Dworek ebenfalls nicht erreichbar war, nicht zurückrief, dass Volker Beck keine Stellungnahme zu der Hirschfeld-Stiftung abgab und nicht mal zur Debatte im Bundestag erschien.

Und es passt ins Bild, dass der LSVD erst auf Anfrage zu der Stiftung Stellung bezog, um dann den Blödsinn von sich zu geben, diese habe "keine Priorität". Ein Lesben- und Schwulenverband hat hier lautstark zu kritisieren, anstatt Rücksicht auf Parteifreunde zu nehmen. Für dieses Verhalten hat der LSVD ebenfalls eine Homogurke verdient.

Es ist verständlich, dass man der FDP keine Lorbeeren gönnen will. Zulange haben die Liberalen in der Regierung Kohl nichts gemacht, haben unter Rot-Grün im Bundesrat die Ergänzungsgesetze zur Homo-Ehe mit blockiert und dann haben sie auch noch diesen Westerwelle, über den man nicht ernsthaft schreiben will. Aber: als Oppositionspartei hat die FDP ihren Job gut gemacht, konstruktive Gesetze vorgelegt und damit den Stillstand in der Homopolitik aufgebrochen, war zugleich zu Gesprächen bereit.

Darauf nicht einzugehen und mit vorgeschobenen Argumenten die Gesetzesanträge abzulehnen, vermutlich nur, weil sie nicht von Rot-Grün stammen, ist kindisch. Da es sich auch um Wahlversprechen, besonders der Grünen handelt, ist dies zudem ärgerlich. Rot-Grün sollte die Initiativen der Liberalen aufgreifen und verbessern, das Ärgern über die FDP sollte man sich entspannt aufheben, bis diese wieder mit der Union die Regierung stellt und dann ihre Homo-Politik zweifellos wieder zu einem Stillstand findet.

Stattdessen blockieren und verschieben SPD und Grüne Homo-Gesetze, die in großen Teilen ohne Zustimmung des Bundesrats oder sogar mit Unterstützung der Opposition in dieser Legislaturperiode zu verabschieden sind. Man sollte daran denken, wenn einen Beck, Roth und Co. auf den zahlreichen CSD-Paraden freudestrahlend vom Paradewagen aus zuwinken.

Freitag, 18. Juni 2004

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#1 OlafAnonym
  • 18.06.2004, 20:15h
  • Am meisten hat wohl Volker Beck diese Gurke verdient: Vor Ewigkeiten hat er für Schwule und Lesben etwas geleistet, aber je mehr er in seiner Partei aufsteigt, desto weniger kümmert er sich um das Schmuddelthema Homo-Politik.
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#2 wolfAnonym
  • 21.06.2004, 16:49h
  • wir sollten doch am besten für die CSDs faule eier sammeln, um unseren so bemühten volksvertretern zu zeigen wie dankbar wir für ihre unterstützung sind !
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#3 jeanAnonym
  • 21.06.2004, 17:00h
  • wir Schwule müssten den Parteien - wie in den USA - klar machen , welches Stimmenpotenzial wir haben. Die Partei, die sich nicht ordentlich um unsere Anliegen bemüht, bekommt eben keine Stimmen (mehr). Übrigens gibts auch schwule CDU Wähler, nur so am Rande..
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