Offenbar als Folge des Missbrauchsskandals an vornehmlich katholischen Einrichtungen drängte ein nichtkonfessionelles Elite-Internat am Bodensee einen offen schwulen Lehrer aus seinem Arbeitsvertrag.
Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet, wurde der Lehrer von der Eliteschule im baden-württembergischen Salem bereits im März nach mehr als 25 Jahren im Dienst zur Kündigung gezwungen. Sein "Verbrechen": Er hatte mit einem Schüler bei einem Wiederaufnahmegespräch offen über seine Homosexualität gesprochen. Der 17-Jährige war zuvor wegen Rauchens von der Schule geflogen.
Durch Zufall erfuhr die Schule über das offene Gespräch. Zwar erklärte der Jugendliche, dass sich der Lehrer keineswegs aufdringlich verhalten habe und äußerst korrekt gewesen sei. Die Schulleitung entschied aber, dass das "distanzlose Verhalten" des Lehres "geschäftsschädigend" sei. Daher drohte sie dem Pädagogen, der auch ansonsten offen schwul lebt: Entweder er kündige oder man werde über arbeitsrechtliche Schritte nachdenken. Der Mann entschied, das Handtuch zu werfen. Er ist nun arbeitslos.
Die Schulleitung leitete den "Fall" außerdem noch an die Staatsanwaltschaft zur Prüfung weiter. Erst nach deren Ergebnissen denke man über weitere Schritte nach.
Entlassung aus Hysterie?
Die Kündigung wurde von der Schule offenbar aus Angst davor ausgesprochen, in die andauernde Berichterstattung über Missbrauchsskandale an katholischen Bildungseinrichtungen hineingezogen zu werden. Die von der katholischen Kirche gefahrene Strategie, Homosexualität und Kinderschändung im Zusammenhang zu stellen, wirkt hier offenbar durch. Einen entsprechenden Zusammenhang hatte zuletzt Kardinal Tarcisio Bertone - nach Papst Benedikt XVI. der zweitwichtigste Mann im Vatikan - propagiert (queer.de berichtete).
Im Rahmen des Missbrauchsskandals versucht die Kirche, durch pseudowissenschaftliche Studien diesen Zusammenhang zu verhärten. So erschien etwa am Montag ein Bericht bei kath.net ein Artikel über den amerikanischen Psychiater Dr. Richard Fitzgibbons, dass Kindesmissbrauch in der Kirche ohne Homosexualität nicht denkbar sei: "Jeder Priester, den ich wegen sexueller Kontakte mit Kindern behandelt habe, hatte vorher homosexuelle Beziehungen mit Erwachsenen", so Fitzgibbons. Ganz unabhängig ist der Psychiater dabei nicht: Er ist Professor an der katholischen Universität in Washington D.C. und steht außerdem als offizieller Berater des Vatikans auf der Gehaltsliste des Papstes. (dk)