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- 09. Mai 2010 3 Min.
In einem zweiseitigen Interview mit der Welt am Sonntag gesteht der Altkanzler, dass ihn die Situation von Homosexuellen nie interessiert habe.
Anlass des Offenbarung war ein Leserbrief, den der 91-jährige Sozialdemokrat im vergangenen Monat auf einen Welt-Artikel von Rainer Haubrich verfasst hatte (queer.de berichtete). In dem Text war Schmidt vorgeworfen worden, in seiner Amtszeit nichts für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben getan zu haben, obwohl das von Teilen seiner Partei und insbesondere dem Koalitionspartner FDP gefordert worden war. "Wahr ist vielmehr, dass ich mich nie mit der Sache befasst und deshalb mich auch zu keinem Zeitpunkt gegen die Streichung gestellt habe", hieß es in Schmidts Leserbrief. Auch die oft zitierte Aussage, er sei "Kanzler der Deutschen, nicht Kanzler der Schwulen" sei "frei erfunden". Die Zeitung lud ihn daraufhin zum Gespräch ein.
Im aktuellen Interview wies der Altkanzler das Zitat erneut als falsch zurück: "Da hat wieder ein Journalist vom anderen abgeschrieben." Warum er es jedoch nicht früher dementierte, begründete Schmidt nicht. Zum Paragraf 175 meine er: "Ich will gerne glauben, dass es eines unter vielen Themata der Koalitionsverhandlungen war. Es kamen ja alle möglichen Themata zur Sprache. Aber was ich nicht glaube, ist, dass ich mich generell zum Paragrafen 175 geäußert habe. Vielleicht habe ich mich geäußert zu dem Schutzalter von 14 Jahren. Aber für mich war der Paragraf 175 oder seine Streichung nie ein Problem."
Obwohl sich FDP-Politiker anders erinnern und im Spiegel damals stand, Schmidt hätte die Streichung mit den Worten "Da müssen Sie sich einen anderen Koalitionspartner suchen" abgelehnt, will der Altkanzler heute nicht der Buhmann gewesen sein: "Das ist doppelter Quatsch. Erstens war der 175 für mich ein unwichtiges Thema, zweitens hätte ich nie solche Drohungen ausgesprochen. Wahrscheinlich ist, dass es sich einer der Teilnehmer zurechtgebogen und dann einem Journalisten erzählt hat. Aber einen anderen Koalitionspartner suchen? Wegen 175? Das ist eine ziemliche Unterschätzung meines politischen Verstandes."
Helmut Schmidt lehnte es gegenüber der Welt am Sonntag ab, über offen schwule Politiker wie Klaus Wowereit, Ole von Beust oder Guido Westerwelle zu sprechen: "Die haben es selber zum Thema gemacht. Mit denen kann man darüber reden, man kann auch über sie reden, wenn man das will. Ich will das aber nicht." Das "Privatleben" von Politikern gehe die öffentliche Meinung nichts an, so der Altkanzler. "Das ist seine Sache" meinte Schmidt denn auch zur Praxis von Außenminister Westerwelle, seinen Lebensgefährten mit auf Dienstreisen zu nehmen.
Auf die Frage der Welt am Sonntag, ob ein Homosexueller heute Bundeskanzler werden könne, meinte Schmidt: "Möglich war das immer, aber praktisch passiert ist es nicht. Für mich ist das damals überhaupt kein Thema gewesen." (cw)
Links zum Thema:
» Das Interview in der Welt am Sonntag
Mehr zum Thema:
» Helmut Schmidt will kein Homo-Feind sein (12.04.10)













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