Augenärzte versprechen klare Sicht ohne Brille - und alles nur mit einer kleinen Operation. Ist Lasik wirklich so gut und sicher?
Von Dennis Klein (-2,75 Dioptrien)
In schwulen Kontaktprofilen ist oft von "BBB" als Ausschlusskriterium die Rede: Den Bart kann man rasieren, den Bauch mit Sport besiegen - nur beim dritten B gibt es Probleme: Zwar gibt es Hilfsmittel wie Kontaktlinsen. Jedoch verträgt nicht jeder diese Sehhilfe - und in verrauchten Kneipen oder nach durchzechten Nächten sind die Linsen eine andere Form der Folter. Eine einfache Laser-Operation verspricht aber, das Auge dauerhaft wieder scharf zu stellen. Kostenpunkt: In Deutschland 2.500 bis 5.000 Euro für beide Augen, in anderen Ländern wie der Türkei oder Thailand teilweise bereits unter 1.000 Euro. Doch nicht alle Ergebnisse sind ideal.
Lasik (Laser-in-situ-Keratomileusis) ist die bei weitem populärste Methode der "refraktiven Chirurgie" - also von Augenoperationen, die eine Brille oder Kontaktlinsen überflüssig machen sollen. Grundsätzlich kann sich jeder die Augen scharf stellen lassen, allerdings gibt es Voraussetzungen: Je nach Dicke der Hornhaut kann bei Kurzsichtigkeit maximal bis -10 Dioptrien operiert werden; bei Langsichtigkeit nur bis +4 Dioptrien. Hornhautverkrümmungen können lediglich bis 5 Dioptrien ausgebessert werden. Ein bis zwei Wochen vor der Operation dürfen Patienten zudem keine Kontaktlinsen tragen, damit sich die Hornhaut in ihre ursprüngliche Form zurückverwandelt. In dieser Zeit muss auf die gute alte Brille zurückgegriffen werden.
Schmerzfreie OP
Die Operation ist relativ simpel: Zunächst wird mit einem Laser eine dünne Lamelle in die Hornhaut gebrannt, die dann zur Seite geklappt werden kann (der "Flap"). In wenigen Minuten bearbeitet dann ein Laser das darunterliegende Gewebe und korrigiert damit die Ursache der Fehlsichtigkeit. Der Patient ist bei dieser Operation wach - nur das Auge wird mit Tropfen betäubt. Diese praktisch schmerzfreie Methode geht auf Forschung der 1960er Jahre zurück. Erstmals bei Patienten eingesetzt wurde sie aber erst im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts.
Auch in Deutschland wird diese Methode populär: "Vor dem Eingriff war ich total aufgeregt und musste Beruhigungsmittel nehmen", erklärt etwa der 33-jährige Marc aus Bamberg. Er hat sich bereits vor acht Jahren seine Kurzsichtigkeit korrigieren lassen. Für Menschen wie ihn ist Lasik eine echte Hilfe: Ein Auge hatte lediglich -1 Dioptrien, das andere -3,5. Wegen dieses Unterschieds konnte er selbst mit Brille nur eingeschränkt dreidimensional sehen.
Trotz seiner vorherigen Aufregung beschreibt er die Operation als harmlos: "Als sie das Auge aufgeschnitten haben, wurde plötzlich alles dunkel", berichtet Marc. Zwar sei es ein wenig unangehm, wenn es beim Lasern nach verbrannten Haaren riecht. Aber sobald der Flap nach einer Viertelstunde wieder aufs Auge geklappt wurde, sah er scharf - ein ganz neues Gefühl für den Brillenträger. Ein paar Stunden musste er einen Verband tragen, dann durfte er seine Augen benutzen. Selbst acht Jahre später sieht er noch optimal. "Ich muss mir wohl erst bei der Altersweitsichtigkeit wieder Gedanken machen", glaubt er.
Auch andere Kunden wie der 30-jährige Christian aus Köln schwören auf Lasik. Er hat vor einem Jahr beide Augen lasern lassen, aus gutem Grund. "Ich wollte nicht, dass meine Brille bei Squash bei jedem Schlag über das Spielfeld fliegt", erläutert der frühere Sportstudent, der noch vor kurzem mit -3,5 Dioptrien und -3,75 Dioptrien brillenlos aufgeschmissen war. Lediglich eine Einschränkung muss Christian hinnehmen: "Mein Freund vermisst als einziger meine Brille. Er sagt, ich sehe jetzt nicht mehr so intelligent aus".
Eine derartige Einschränkung wäre für Rouven aus einem Stuttgarter Vorort noch ein Luxus-Problem: Mit -6 Dioptrien hatte er sich ebenfalls vor gut einem Jahr die Augen lasern lassen - zunächst mit Erfolg: "Ich konnte plötzlich alles sehen. Ich war im siebten Himmel", erklärt der 33-Jährige. Doch wenige Wochen später war die Freude vorbei: "Erst sagte mein Doktor mir, ich hätte einen Fehler von -0,5 Dioptrien. Ein paar Monate später waren es schon -1,25. Heute bin ich bei -1,5 Dioptrien. Und es wird eher schlechter als besser." Zwar könne er vieles immer noch besser erkennen als vor der Operation: "Es ist schön, morgens aufzuwachen und die Zeit auf dem Wecker erkennen zu können", sagt Rouven. "Aber heute denke ich mir: Wenn ich meine Brille noch hätte, könnte ich das Wahlplakat oder das Werbeschild auf der Straße lesen." Er beklagt auch, dass nach der Operation seine Nachtsicht schlechter geworden ist: "In dunklen Räumen sehe ich nur grau ohne Konturen". Zudem nehme seine Sehleistung im Tagesverlauf stark ab.
Gefahr für die Hornhaut
Prominentes Opfer einer schlechten Lasik-Operation ist die amerikanische Komikerin Kathy Griffin, die mit der Realityshow "Mein Leben auf der D-Liste" bei TIMM zu sehen ist. Ihre Sehleistung im rechten Auge nahm nach dem ersten Eingriff in Los Angeles rapide ab. Selbst nach fünf Operationen sieht sie in diesem Auge nur noch verschwommen. Eine Brille oder Kontaktlinsen können diese Fehlsicht inzwischen nicht mehr korrigieren - sie gilt als teilweise blind.
Experten streiten angesichts solch negativer Erfahrungen darüber, ob eine Operation wirklich sinnvoll ist. Als Kritiker gilt insbesondere Dr. Andreas Berke von der Höheren Fachschule für Augenoptik in Köln. Er warnt speziell davor, dass Lasik seit weniger als zwei Jahrzehnten angewendet wird - und damit Langzeitnebenwirkungen noch nicht bekannt sind: "Wenn sich jemand mit 20 Jahren operieren lässt, muss die Hornhaut ja noch 60 oder 70 Jahre halten", so Berke. Denn die Hornhaut ist immer dem Augeninnendruck ausgeliefert. Eine geschwächte Hornhaut könnte dann aufweichen und versagen - das Augenlicht kann dann nur mit einer Hornhauttransplantation gerettet werden.
Tatsächlich gibt es mehrere Studien, die auf Probleme hinweisen: Bei einer Marburger Langzeitstudie über sechs Jahre erklärten zwar 71 Prozent der Lasik-Patienten, sie würden eine Operation auch ihren Freunden empfehlen. Allerdings verschlechterte sich die durchschnittliche Abweichung des korrigierten Auges von -0,25 Dioptrien im ersten Jahr auf -0,88 Dioptrien nach sechs Jahren. Drei Viertel der Patienten beklagten zudem, dass sie nach der Operation verstärkt blendende Lichteffekte beobachten, etwa wenn sie Richtung Sonne schauen.
Diese Untersuchung beruht noch auf Lasern der ersten Generation, die für die Präparation des Flap noch 90 Sekunden benötigten. Neuere Laser schaffen das in 15 Sekunden und sind alleine deshalb für das Auge schonender und reduzieren die Blendempfindlichkeit erheblich. Verschiedenen Untersuchungen zufolge sind 90 bis 95 Prozent der Operationen erfolgreich oder zumindest teilweise erfolgreich.
Insbesondere die Wunde an der Hornhaut, also des Flap, kann Komplikationen auslösen. Nach der OP wird der Flap zwar von benachbartem Gewebe überwuchert, Entzündungen können jedoch das erst gute Ergebnis trüben. Zudem besteht die Gefahr, beim Einschneiden der Netzhaut den "Reflexbogen" zu kappen, also die Leitung zum Gehirn, mit der der Tränenfluss in Gang gesetzt wird. Das Gehirn weiß dann nicht mehr, wenn das Auge trocken ist und produziert zu wenig Tränenflüssigkeit. Ärzte verschreiben dann Augentropfen.
Marc aus Bamberg lässt dieses Argument allerdings nicht gelten: "Ich hätte lieber trockene Augen als ein Leben lang nicht scharf zu sehen. Das ist schließlich ein Stück Lebensqualität". Auch viele Ärzte halten Lasik für einen Segen, gerade im Vergleich zu Kontaktlinsen: So errechnete der amerikanische Augenarzt William Mathers, dass nach einer Lasik-OP das Risiko, aufgrund einer Infektion einen erheblichen Verlust des Sehens zu erleiden, bei eins zu 10.000 liegt. Dagegen liegt bei Kontaktlinsen die Gefahr bei eins zu 2.000 - und damit fünf Mal höher. Er weist insbesondere auf die unterschätzte Infektionsgefahr weicher Linsen hin, die insbesondere bei laschem Hygieneverhalten auftritt.
Lasern oder nicht? Keine leichte Entscheidung also, auch weil die Operation mit hohen Kosten verbunden ist. Gesetzliche Krankenversicherungen kommen für den Eingriff nicht auf, private nur in manchen Fällen. Immerhin zeigt sich das Finanzamt gnädig: Da es Fehlsichtigkeit als Krankheit einstuft, kann der bezahlte Betrag als Krankheitskosten im Rahmen außergewöhnlicher Belastungen von der Steuer abgesetzt werden. Die Rechnung genügt bei der Steuererklärung, ein amtsärztliches Attest wird seit 2006 nicht mehr gebraucht. Und wenn alles gut geht, kann man nach einer Operation auch die Brille wegschmeißen - und ist damit zumindest eines der "Bs" los.
Neben meinem Bruder haben das schon 2 Freunde und eine Freundin machen lassen, allerdings mit ner weiterentwickelten Lasik, da kommen ja alle paar Jahre verbesserte Methoden raus.
Bei der Freundin gab es zwar eine Entzündung, an der sie einen Monat lang relativ schmerzhaft zu knabbern hatte, aber selbst sie würde es wieder tun.
Nach dem Diplom habe ich das auf jeden Fall auch mal ins Auge gefasst