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- 26. Mai 2010 4 Min.
Nach dem ersten Halbfinale stehen 15 Kandidaten für den Grand Prix fest - und die kuscheln erstmal miteinander.
Von Michael Götz-Pijl
Kurz nach Ende der Veranstaltung war von Fans und Journalisten immer wieder das gleiche zu hören: Schade um den finnischen Beitrag. Allerdings sind die Finnen teilweise selbst Schuld. Denn zu oft waren die Fanfahnen im Bild, so dass sich die Kamera einen neuen Weg zur Bühne bahnen musste und dadurch die Band Kuunkuiskaajat (Mondflüsterinnen) zu oft von oben zu sehen war. Damit ging der energetische Auftritt, das Umherspringen auf der Bühne stark unter.
Wir werden auch die Slowakei vermissen, deren verwildertes Outfit an den Gewinnerbeitrag 2004 der Ukrainerin Ruslana erinnert. Auf der anderen Seite war die Verwunderung groß, dass es Russland und Bosnien-Herzegowina geschafft hatten. Keiner glaubte so recht an den langweiligen Pfadfinder-Song aus Russland oder das bosnische Blitz- und Donnereinerlei, bei dem die Interpreten in Nebelschwaden untergingen.
Dagegen wurden dem ein wenig altmodischen Grand-Prix-Lied aus Portugal vor Ort kaum Chancen gegeben. Nach der Show war man sich aber einig, dass Filipa eine tolle Vorstellung abgeliefert hatte. Die portugiesischen Fans machten sich entsprechend in der nachfolgenden Pressekonferenz sehr lautstark bemerkbar, wurden aber von den völlig enthusiastischen Griechen deutlich übertroffen, die beinahe schon nervtötend oft und laut immer wieder ein langgezogenes "Oooooopppaaaa!" intonierten.
Auch alle Finalisten waren überglücklich, zeigten sich in Pressekonferenzen jedoch fair und auffallend europäisch. Girogos Alkaios aus Griechenland machte zudem klar, dass er über den Gesang sprechen wollte und nicht über Politik. Journalisten hatte ihm zuvor eine Stellungnahme über die politischen und wirtschaftlichen Probleme seines Landes entlocken wollen. Er sagte schließlich, dass sich niemand bei einem Sieg seines Landes um die Finanzierung des Eurovision Song Contest 2011 Sorgen machen müssten.
Große Eurovisions-Familie
Juliana Pasha aus Albanien sprach sogar von einer großen Familie, die sich unter all den Künstlern und Eurovisionsbegeisterten vor Ort in Oslo gebildet habe. Der ebenfalls qualifizierte Serbe Milan Stankovic sagte sogar, dass eigentlich alle Beiträge eine Finalteilnahme verdient hätten - und spulte damit wundervoll eine bereits vor Ewigkeiten einstudierte Standardantwort eines Castingshow-Gewinners ab.
Liedermacher Tom Dice aus Belgien schien besonders erleichtert zu sein. Ihn habe insbesondere belastet, dass er in der Glitzershow untergehen und die Negativserie von Belgien fortsetzen könnte. Das Land hat sich immerhin seit sechs Jahren nicht mehr für das Finale qualifiziert - 2010 hat es mit Dice aber schließlich geklappt.
Manche Besucher hätten sich übrigens das Hallenvorprogramm als Pausenprogramm in der Sendung gewünscht: Eine sehr gute Tanz- und Gesangstruppe gab eine halbe Stunde lang Medleys von Grand-Prix-Klassikern und ABBA-Hits zum besten und heizte richtig ein. Das hatte die riesige Telenor-Arena nötig, denn die Ränge waren teilweise in ganzen Blöcken leer. Aber die anwesenden Besucher - die angegebenen Zahlen schwanken zwischen 8.000 und 10.000 - waren in bester Laune. Der Einspieler mit der kunstvollen Collage menschlicher Stimmlaute wurde jedoch allenthalben als Erfrischungspause genutzt.
Lena macht sich gut
Jetzt aber zu den wirklich wichtigen Fragen: Was ist mit dem deutschen Beitrag? Lena ist in diesem Jahr wirklich sehr präsent und in aller Munde. Am Montagabend absolvierte sie einen grandiosen Auftritt vor hunderten Fans im Rahmen der deutsch-ukrainischen Party. Mit den Worten: "Die Frau, die nicht nur in Deutschland, sondern mittlerweile in ganz Europa die Charts anführt" kündigte der ukrainische Moderator unsere Lena an. Wie ein Profi spielte dann die Abiturientin, die noch vor wenigen Wochen kaum jemand kannte, mit ihrem Publikum und besonders mit den TV-Kameras. Eine starke Stimme und Textsicherheit überzeugte das gemischte Publikum restlos. Wo man in Oslo auch hingeht, Lena wird als die Sensation des diesjährigen Song-Contests angesehen und gefeiert. Für die Punktevergabe am kommenden Samstag sollten sich die Fans des deutschen Beitrages schon mal warm anziehen: Hier in Oslo zeichnet sich ein Freudenfest ab, wie wir es seit 1982 nicht mehr erleben durften.
Zunächst steht aber das zweite Halbfinale am Donnerstag an (ab 21 Uhr auf Eins Festival). Und das enthält deutlich stärkere Kandidaten als das erste Semifinale - unter ihnen auch die 17-jährige Safura Alizadeh aus Aserbaidschan, die von den britischen Buchmachern als Favoritin eingeschätzt wird und derzeit Deutschland auf den zweiten Platz verdrängt.
Die Gewinner des ersten Halbfinals: Moldau (Startplatz 4 im Finale), Russland (Startplatz 20), Serbien ( Startplatz 8), Bosnien-Herzegowina (Startplatz 6), Belgien (erstmals seit 2004 im Finale mit der Startnummer 7), Albanien (Startplatz 15), Griechenland (Startplatz 11 im Finale), Portugal (das drei Jahr in Folge mit einem Titel in der Landessprache und Startplatz 23), Weißrusland (Startplatz 9), Island (Startplatz 16 im Finale).
Dazu bereits qualifiziert: Spanien (Startplatz 2), Norwegen (Startplatz 3), Großbritannien (Startplatz 12), Frankreich (Startplatz 18), Deutschland (Startplatz 22).
Links zum Thema:
» Oslog.tv von Stefan Niggemeier
» ESC-Blog vom Vorwärts
» Blog: Häppchen vom Eurovision Song Contest
Mehr zum Thema:
» Countdown zum Eurovision (24.05.10)
» TV-Tipps bei queer.de
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Vom Eurovision Song Contest 2010 aus Oslo berichtet Michael Götz-Pijl täglich exklusiv für queer.de.
» Mehr Kolumnen: ESC 2010















eurovision.ndr.de/news/bildergalerien/windjammertour100_org-
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Lena war diese Woche auch am Segeltörn präsent und wenn ich mir die Fotos anschaue, dann würde der Norweger Didrik Solli-Tangen gut zu ihr passen (ein Schelm, wer Böses dabei denkt)!