Befürworter der Homo-Ehe feiern den Sieg
Ein US-Bundesgericht hat am Mittwoch entschieden, dass das 2008 durch einen Bürgerentscheid verhängte Verbot der Homo-Ehe in dem Bundesstaat gegen die Verfassung verstößt. Die Entscheidung, die noch nicht rechtskräftig ist, traf der selbst schwule Bundesrichter Vaughn Walker vom United States District Court for the Northern District of California. Den Fall hatte er per Losentscheid bekommen.
Damit geht der Streit um die Homo-Ehe in Kalifornien vermutlich in die nächste Runde und dürfte vor dem Obersten Gerichtshof der USA in Washington landen. Im Jahr 2000 hatte der Bundesstaat eine Art Eingetragene Lebenspartnerschaft eingeführt, im Mai 2008 entschied dann der Oberste Gerichtshof Kaliforniens mit vier zu drei Stimmen nach Klagen von schwulen und lesbischen Paaren, dass diesen eine Öffnung der Ehe zustünde (queer.de berichtete). Bei einem Referendum im November stimmten dann 52 Prozent der Wähler für die berüchtigte "Proposition 8" und damit gegen die Homo-Ehe (queer.de berichtete), zeitgleich zur Wahl Barack Obamas. Die rund 18.000 Ehen, die inzwischen von gleichgeschlechtlichen Paaren geschlossen wurden, blieben aber gültig.
Zwei Paare, ein lesbisches und ein schwules, die nun nicht mehr heiraten konnten, gingen zusammen mit der Stadt San Francisco vor Gericht und ließen die Frage klären, ob mit einem Bürgerentscheid Rechte von Minderheiten aufgehoben werden können, die von der Verfassung möglicherweise garantiert seien. Im Streit "Perry v. Schwarzenegger" wurden sie von den Rechtsanwälten Theodore Olson und David Boies vertreten, die in einer der berühmtesten Justizschlachten der amerikanischen Geschichte noch auf zwei Seiten gekämpft hatten: in "Bush v Gore", also in der Frage, wer 2000 die Wahl in Florida gewonnen hatte.
Doppelter Verfassungsverstoß
Bundesrichter Vaughn Walker
Walker urteilte nach einer dreiwöchigen Verhandlung, das Verbot der Homo-Ehe verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot der Verfassung und gegen den "Due Process"-Gedanken, also die Rechtssicherheit. Der Bundesrichter hob in seiner rund 130 Seiten starken Entscheidung hervor, dass sich der Gegner in dem Prozess, der Staat Kalifornien, kaum verteidigt habe; ein "Schaden" an der Ehe durch die Schließung der rund 18.000 gleichgeschlechtlichen Ehen sei nicht erkennbar.
Die Kläger hätten hingegen "überwältigende Beweise" geliefert, dass ein Verbot der Homo-Ehe verfassungswidrig sei. "Proposition 8" zeige keinerlei "rationale Basis", wenn speziell schwule und lesbische Paare herausgegriffen werden, um ihnen die Ehe zu verweigern. Stattdessen werde nur der Gedanke verewigt, dass Hetero-Paare gleichgeschlechtlichen Paaren "überlegen" seien.
Die Argumente für "Proposition 8" seien "nicht mehr als Angst oder unausgesprochene Abneigung" gegen Homo-Paare, kanzelt Walker Gegner der Homo-Ehe weiter ab. Solche Begründungen seien keine "ordentliche Grundlage für eine Gesetzgebung". Auch gewinne der Staat durch ein Verbot "nichts". Die einzige rationale Folgerung aus "Proposition 8" sei, dass es unwahrscheinlicher werde, dass kalifornische Kinder in stabilen Haushalten aufgezogen würden.
Der Staat müsse daher "Proposition 8" ignorieren und gleichgeschlechtliche Ehen schließen, urteilte Walker, der noch von Ronald Reagan nominiert und von George H.W. Bush befördert worden war. Sein Spruch ist in den Folgen allerdings noch nicht rechtskräftig. Walker muss, aufgrund eines Antrags beider Seiten vor der Verkündung, zunächst noch selbst entscheiden, ob er die Konsequenzen des Urteils solange aussetzt, bis die nächste Instanz über eine angekündigte Berufung entscheidet. Beide Prozessseiten sollen dazu bis Freitag Stellung nehmen. Im nächsten Schritt würde der Fall vor dem U.S. Circuit Court of Appeals landen, erst danach könnte der Supreme Court als höchste Instanz der Vereinigten Staaten eine allgemein gültige Entscheidung treffen.
Reaktionen
San Francisco nach der Entscheidung
"Unser ganzes Leben lang haben uns die Regierung und das Gesetz ungleich behandelt. Die Entscheidung, dass unsere durch die Verfassung garantieren Rechte geschützt sind wie die aller anderen, macht uns unglaublich stolz auf unser Land", sagte Klägerin Kristin Perry. In San Francisco gab es eine spontanten Marsch von mehreren tausend Schwulen und Lesben zum Rathaus, auch in anderen Städten wurde gefeiert. Prominente freuten sich mit: Liza Minnelli sprach gegenüber dem Magazin "Advocate" von "wunderbaren Nachrichten", Ellen DeGeneres twitterte: "Gleichberechtigung hat gesiegt!
Der Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, sagte, die Entscheidung gebe den Hunderttausenden gleichgeschlechtlichen Paaren in Kalifornien den rechtlichen Schutz, den sie verdienen. Das Urteil sei eine Chance, der Welt die Offenheit und Akzeptanz des Staates zu demonstrieren. US-Präsident Barack Obama ließ verlauten, er sei immer gegen "Proposition 8" gewesen, da die Abstimmung "spaltend und diskriminierend" gewesen sei.
Brian Brown, der Präsident der "National Organization for Marriage", kritisierte, der Richter habe die Stimmen von 7 Millionen Kaliforniern für ungültig erklärt. "Wir haben nichts anderes von Richter Vaughn Walker erwartet, so voreingenommen, wie er die Verhandlung geführt hat."
Der deutsche Grünenpolitiker Volker Beck lobte die "mutige Entscheidung" des Gerichts. Auch in Deutschland sei eine Diskriminierung der Homo-Ehe verfassungswidrig. "Die fortgesetzte Schlechterstellung - etwa im Steuerrecht - ist sachlich nicht begründbar", schreibt Beck in einer Pressemitteilung. "Die schwarz-gelbe Bundesregierung muss bei der Einkommenssteuer endlich zu einer Gleichstellung kommen." (nb)
Nachtrag, 14.25h: Beck
Ein wichtiges Urteil, das übrigens auch bereits von Präsident Barack Obama in einer öffentlichen Stellungnahme begrüßt wurde.
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Der Rechtsstreit wird sich damit sicherlich fortsetzen und beim Supreme Court in Washington landen, da die Gegner sicherlich das Urteil in die nächste Instanz ziehen werden; und da kommt es dann letztlich darauf an, wie das Gericht in Washington dann besetzt ist.
Hoffentlich wählt Barack Obama dort entsprechend aus und verschätzt sich nicht in der Auswahl der neu ernannten Richter dort (Sonia Sotomayor und Elena Kagan). Wichtig wäre wenn dort endlich der sehr konservative Richter Antonin Scalia in Washington aufhört.
In einigen Jahren werden wir es dann wissen, wie der Rechtsstreit ausgehen wird; das hängt dann von der Besetzung des Supreme Court ab.