Erhängungsvorrichtung in Jerusalem aus britischer Mandatszeit. Im Iran werden Menschen meistens an Kränen oder Brücken hingerichtet. (Bild: Wikipedia Commons / Eitan f)
Das Portal Gay Middle East und die britische Menschenrechtsorganisation Outrage rufen Menschen auf der ganzen Welt auf, bei ihren Politikern, Botschaften und Außenministerien Protest einzulegen gegen die drohende Hinrichtung eines 18-Jährigen im Iran.
Ebrahim Hamidi war am 21. Juni von einem Provinzgericht zum Tode verurteilt worden, weil er versucht haben soll, einen anderen Mann zu vergewaltigen - sein Anwalt spricht von einem Sodomie-Vorwurf. Das Urteil kann jederzeit verstreckt werden, obwohl der oberste Gerichtshof des Iran einen Schuldig-Spruch in der Sache zweimal aufgehoben und an das Gericht zurückverwiesen hatte. Denn das angebliche Opfer hatte vor Gericht zugegeben, den Übergriff erfunden zu haben.
Hamidi war einer von vier Jugendlichen, die sich vor Gericht für die vermeintliche Tat verantworten mussten. Grund war offenbar ein öffentlicher Streit der Familie von Hamidi und der des vermeintlichen Opfers. Kurz danach wurde Hamidi mit drei Freunden von der Polizei festgenommen und verhört. Nach Angaben seines Anwalts gaben sie unter Folter zu, was die Polizei ihnen von der Aussage des vermeintlichen Opfers berichtete: dass sie ihm die Hose heruntergezogen hätten, um ihn zu vergewaltigen (wozu es nicht gekommen sei). Bei der Vernehmung war Hamidi an den Beinen aufgehangen und geschlagen worden, in einer anderen Vernehmung wurde ein Glastisch zerstört.
Fakten ignoriert, Anwalt verschwunden
Alle vier wurden zunächst zweimal der Tat für schuldig befunden und zur Todesstrafe verurteilt, beim dritten Prozess wurde nur Hamidi verurteilt, obwohl zwei von fünf Richtern der Meinung waren, er sei völlig unschuldig. Der Prozess basierte nur auf der Zeugenaussage des angeblichen Opfers, das allerdings vor Gericht zugab, von den Eltern zu einer Falschaussage gedrängt worden zu sein.
"Es gibt keinen Beweis, dass Hamidi schwul ist oder er irgendein Verbrechen begangen hat", sagt der Redakteur von Gay Middle East, Dan Littauer. "Diese Exekution muss gestoppt werden. Dafür brauchen wir ihre Hilfe", ruft er zum Protest auf. Der Fall sei ein weiterer Beweis, dass "unschuldige Menschen aufgrund der falschen Beschuldigung von Homosexualität" verurteilt werden, sagt der britische Aktivist Peter Tatchell. Nur der Justizchef des Landes, Sadegh Laridschani, könne die Hinrichtung noch stoppen, weswegen eine Einflussnahme westlicher Politiker wichtig sei.
Hamidi benötigt auch internationale Hilfe, weil sein Anwalt, Mohammad Mostafaei, seit Ende Juli spurlos verschwunden ist. Die Behörden erließen Haftbefehl, um angebliche "Blutzölle" zu untersuchen, mit der der Anwalt seinen Einsatz für von der Todesstrafe bedrohte Jugendliche bestreiten soll. Mit den aberwitzigen Anschuldigungen sollte offenbar der öffentlichkeitswirksame Mostafaei abschreckt werden, bislang bloggt er über seine Fälle und arbeitet mit internationalen Organisationen zusammen. Die Polizei traf nach eigenen Angaben den Anwalt beim Verhaftungstermin nicht an, nahm aber seine Frau und deren Bruder fest. Bekannte des Anwalts sind besorgt, da es seit diesem Tag kein Lebenszeichen des Anwalts gebe.
Falsche Vorwürfe
Im Iran werden immer wieder Männer zum Tode verurteilt, weil sie angeblich einen anderen Mann sexuell belästigt oder vergewaltigt haben - in der Regel werden damit schwule Männer bestraft, die niemanden belästigt haben. Oder Männer, die einfach bewusst falsch beschuldigt wurden. Der Vorwurf der Vergewaltigung macht internationale Proteste schwieriger, etwa auch im Fall zweier Jugendlicher, die vor fünf Jahren gehängt wurden. Der Fall fand, auch wegen umfangreicher Bilder iranischer Nachrichtenagenturen, weltweite Aufmerksamkeit (queer.de berichtete).
Während die meisten Beobachter davon ausgingen, dass sie wegen Homosexualität hingerichtet wurden, zeigte etwa die "Bild"-Zeitung ein Foto der bereits hängenden Jugendlichen mit der Schlagzeile "Hier werden zwei Kinderschänder gehängt" (queer.de berichtete). (nb)
Stattdessen reist als nächstes wieder eine deutsche Handelsdelegation nach Teheran, um unsere Exporte anzukurbeln.