Ein Demonstrant bringt seine Abneigung gegen den Volksentscheid "Proposition 8" zum Ausdruck.
In Kalifornien gibt es weiterhin juristische Rangeleien um die Homo-Ehe. Gouverneur Schwarzenegger unterstützt die Homo-Aktivisten, für Präsident Obama könnte das Thema allerdings zum Problem werden.
Von Dennis Klein
Noch dürfen Homo-Paare in Kalifornien nicht heiraten, obwohl Bundesrichter Vaughn Walker vergangene Woche entschieden hat, dass das Ehe-Verbot für Homo-Paare in Amerikas einwohnerstärksten Bundesstaat gegen die Bundesverfassung verstößt (queer.de berichtete). Das liegt am komplizierten US-Rechtssystem: Richter Walker hat die Wirkung des Urteils gleich nach dem Verfahren vorläufig ausgesetzt, da noch Widerspruch bei einem Berufungsgerichtshof (Ninth Circuit Court of Appeals) gegen die Entscheidung eingelegt werden kann. Bis Freitag hatten beide Prozessseiten Zeit, zu erklären, warum oder warum nicht Homo-Ehen bis zur Folgeentscheidung ausgesetzt werden sollten.
Allerdings könnte Walker schon in den nächsten Tagen die Aussetzung aufheben, da sich sowohl der republikanische Gouverneur Arnold Schwarzenegger als auch der demokratische Justizminister Jerry Brown in einem Schreiben an das Gericht für die Ehe-Öffnung ausgesprochen haben.
Zwar haben die religiös bewegten Homo-Gegner von "Yes on 8" bereits angekündigt, Berufung einzulegen. Es ist allerdings unklar, ob sie das überhaupt dürfen. Denn das Gerichtsverfahren "Perry versus Schwarzenegger" richtete sich gegen die kalifornische Regierung - einigen Experten zufolge kann deshalb nur der Staat gegen das Urteil Berufung einlegen. Der 63-jährige Regierungschef hat sich jedoch inzwischen zum Verfechter für die Homo-Ehe gewandelt und denkt offenbar nicht daran, in dem Fall in Berufung zu gehen.
Sollte eine Berufung nicht genehmigt werden, könnten Homo-Gegner dagegen Einspruch beim Obersten Gerichtshof (Supreme Court) erheben. Diese müssen den Fall aber nicht unbedingt annehmen. Dann wäre die Homo-Ehe in Kalifornien gerettet. Sollte es zu einem Berufungsverfahren kommen, gleicht dies einem Lotteriespiel: Im neunten Circuit Court of Appeals würden dann per Zufallsgenerator aus 27 Richtern drei ausgewählt, die die Entscheidung fällen müssen. Falls es ein Verfahren gibt, würde es mindestens bis 2012 andauern.
Nach dieser Entscheidung wäre noch einmal ein Einspruch beim Supreme Court möglich. Allerdings könnten sich die Höchstrichter auch schon vorher äußern: Denn erst Anfang Juli hatte ein Bundesgericht in Boston entschieden, dass der "Defence of Marriage Act" gegen die Verfassung verstößt (queer.de berichtete). Das Gesetz besagt, dass die Bundesregierung nur verschiedengeschlechtliche Ehen anerkennt. Gegner der Homo-Ehe hatten auch hiergegen Berufung eingelegt.
Durfte ein schwuler Richter entscheiden?
Richter Vaughn Walker brachte den Stein ins Rollen.
Die konservative Rechte kritisiert inzwischen Vaughn Walker nicht nur, weil er in ihren Augen "aktivistisch" ist (wie George Bush einst Richter abkanzelte), sondern auch, weil er schwul ist. "Hier haben wir einen offen schwulen Bundesrichter, der die Ansicht des amerikanischen Volkes durch seine eigene ersetzt", kritisierte etwa Maggie Gallagher von der National Organization for Marriage. Ihr Kollege Byran Fischer forderte gar ein Amtsenthebungs-Verfahren, da Walker sich nicht für befangen erklärt hatte.
Ein Kommentator des "Fox News Channel" hatte schon vor der Urteilsverkündung öffentlich kritisiert, dass die sexuelle Orientierung des Richters in der Berichterstattung keine Rolle spiele - dabei war es der liberale "San Francisco Chronicle", der von der Homosexualität des Richters geschrieben hatte, zu der Walker selbst schweigt. Liberale Medien äußerten in der neu entstandenen Debatte, mit der selben Argumentation dürften auch Frauen nicht über Abtreibung, Schwarze nicht über Antidiskriminierungsgesetze urteilen.
Bislang hatten Konservative keine Probleme mit Walker, ganz im Gegenteil: So hatte er 1982 etwa das Nationale Olympische Komitee der USA vertreten, die eine kleine Veranstaltung namens "Gay Olympics" wegen Verletzung der Namensrechte verklagte. Walker gewann den Prozess, die Veranstaltung musste in "Gay Games" umbenannt werden. Daraufhin nominierte ihn Ronald Reagan zum Bundesrichter. Allerdings wurde er von Demokraten im Washingtoner Parlament unter Führung der jetzigen Mehrheitsführerin Nancy Pelosi blockiert - ironischerweise argumentierte sie damals, der Jurist sei zu homophob. 1989 wurde Walker schließlich zum Bundesrichter ernannt - vom republikanischen Präsidenten George Bush senior.
Entscheidung bringt Obama in Bedrängnis
Demonstration von Homo-Gegnern
Auch für Präsident Barack Obama könnte die Entscheidung politischen Sprengstoff enthalten. Denn er erklärte mehrfach, er sei ein Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe. Gleichzeitig betonte er jedoch stets, Schwule und Lesben müssten die gleichen Rechte haben wie Heterosexuelle. Seiner Meinung nach reichen dafür eingetragene Partnerschaften aus. Praktisch für Obama: Da die Gesetzgebungskompetenz hier bei den Bundesstaaten liegt, muss er sich nicht mit diesem in den USA kontrovers diskutierten Thema befassen.
Das geht auch aus den Stellungnahmen in Washington hervor. So erklärte Obamas Berater David Axelrod erklärte im Nachrichtensender MSNBC: "Der Präsident glaubt, dass die Ehe eine Frage für die Bundesstaaten ist." Sollte die Homo-Ehe ein Thema im Wahlkampf werden, wäre das ein "großer Nachteil" für die Demokraten, erklärte die demokratische Strategin Liz Chadderon gegenüber CNN. Denn vor Wahlen könnten die Republikaner das Thema nutzen, um Stimmen zu gewinnen. Das klappte bereits 2004: Damals sicherte sich George W. Bush seine Wiederwahl durch eine hohen Stimmenzuwachs unter wiedergeborenen Christen, die Homosexualität generell ablehnen. Die religiösen Eiferer dankten dem Präsidenten mit ihrer Stimme dafür, dass er sich für ein Verbot der Homo-Ehe in der US-Verfassung und für die Beibehaltung des Homo-Verbots im Militär ausgesprochen hat.
Da die Demokraten bei den Wahlen im November diesen Jahres um ihre Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus fürchten, wollen sie das Thema nun möglichst nicht kommentieren. Allerdings sind auch Schwule und Lesben Wähler, die - obwohl sie zahlenmäßig und organisatorisch den Wiedergeborenen unterlegen sind - sich 2012 an Obama rächen könnten: "Diese Wähler, die 2008 mit großer Mehrheit für Obama gestimmt hatten, könnten zu Hause bleiben. Dann hätte der Präsident echte Probleme", befürchtet Chadderon.
Ich habe ehrlich gesagt diesen Hype um Obama nie verstehen können. Selbst hier bei uns liefen ja im Wahlkampf Leute mit Obama-Ansteckern rum... Lächerlich.