Hevjin war im Juni 2010 auch beim CSD in Istanbul vertreten. (Bild: Hevjin)
Im Südosten der Türkei ist erstmals ein schwul-lesbisches Magazin erschienen, das in einigen homofreundlichen Cafés und Buchläden in Diyarbakir ausliegt und online erhältlich ist.
Das Magazin heißt "Hevjin", was auf Kurdisch "Gemeinsamkeit" bedeutet. Die Herausgeber des Magazins bleiben allerdings anonym, weil Schwule in der Türkei nach wie vor verfolgt werden würden, erklärten "Hevjin"-Gründer Solin und Koya gegenüber "Eurasianet". "Hier ist niemand offen homosexuell", so Koya. Sein Kollege Solin erklärte sogar, dass er seine Familie eine Lesbe aus dem Ausland als seine Freundin vorstellte, damit sie keinen Verdacht schöpften. Die beiden Aktivisten erinnern dabei an den Studenten Ahmet Yildiz aus Istanbul, der 2008 von seinem homophoben Vater umgebracht worden war (queer.de berichtete). Außerdem bezeichnete erst unlängst Familienministerin Selma Aliye Kavaf von der regierenden islamischen AKP Homosexualität als "heilbare Krankheit".
Mit ihrem Magazin wollen die beiden Aktivisten dazu beitragen, Homosexualität sichtbarer zu machen und die von konservativen Politikern und Klerikern verbreitete Auffassung zu beenden, dass es keine kurdischen Homosexuellen gebe. Als Auflage peilen sie in diesem Jahr 2.000 Exemplare an.
Türkei auf gleichem Weg wie der Westen
Nevin Öztop, Chefredakteur des einzigen anderen türkischen Homo-Magazins Kaos GL, vergleicht die aufkeimende Homo-Bewegung in der Türkei mit der Situation, die in Westeuropa vor mehreren Jahrzehnten herrschte: "Die westliche Welt hat das bereits vor 40 Jahren durchgemacht, aber wir haben erst vor fünf bis zehn Jahren damit angefangen. Die Entwicklung in der Türkei geht sehr schnell, darum gibt es gleichzeitig Fortschritte und Gewalt." Öztops Homo-Gruppe Kaos sollte bereits 2005 wegen "Unsittlichkeit" verboten werden, allerdings stoppte ein Verwaltungsgericht den Antrag (queer.de berichtete). Das galt als eines der ersten Siege für die Homo-Bewegung in der Türkei.
Kurdische Schwule doppelt diskriminiert
Öztop gibt auch zu bedenken, dass es Schwule besonders im kurdischen Gebiet schwer hätten, da viele liberale Türken nach der nationalistischen Doktrin des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk kein Interesse an selbstbewussten Kurden hätten: "In der Homo-Bewegung in diesem Land gibt es viele Kemalisten, die gegenüber ethnischen Minderheiten intolerant eingestellt sind", so Öztop. (dk)