"Alles reine Nervensache" wirbt die NRW.Bank treffend in ihrem Prospekt
Es gab Rechtsstreitigkeiten zwischen der NRW.Bank und TIMM-Gründer Frank Lukas. Das offenbart die Antwort einer Kleinen Anfrage der Grünen.
Von Carsten Weidemann
Was ist schief gelaufen beim schwulen Fernsehsender TIMM? Diese Frage stellten sich viele, als die Deutsche Fernsehwerke GmbH (DFW) im Januar 2010 einen Antrag auf Insolvenz beim Berliner Amtsgericht stellen musste. Vor allem in Nordrhein-Westfalen schreckte man auf. Denn nur vier Monate vor dieser Hiobsbotschaft war die mehrheitlich im Besitz des Landes befindliche NRW.Bank mit rund 1,5 Millionen Euro eingestiegen. Mit dem Geld sollten Investitionen für TIMM in Köln als zweiter Homometropole Deutschlands getätigt werden.
Die Grünen befürchteten mangelnde Sorgfalt bei der Geldvergabe und stellten am 25. März eine Kleine Anfrage an die zu der Zeit noch amtierende Schwarz-gelbe Landesregierung. Die Antwort, die Anfang Juni eintrudelte, wirft ein Schlaglicht auf die Streitigkeiten, die im Hintergrund abgelaufen sind. Das zuständige Finanzministerium sieht demnach vor allem bei TIMM-Gründer Frank Lukas die Verantwortung an den Zuständen, die zur Insolvenz führten. Er soll fällige Gelder nicht eingezahlt haben.
Im dritten und vierten Quartal 2009 habe sich, auch aufgrund der schwierigen Lage des Werbemarktes, ein Ausbleiben der erwarteten Werbeeinnahmen gezeigt, schreibt der damalige Finanzminister Helmut Linssen (CDU). Doch: "Neben dieser negativen Entwicklung wurde die Schieflage der DFW jedoch vor allem durch die Nichterfüllung der Einzahlungsverpflichtung des geschäftsführenden Gesellschafters hervorgerufen. Weder die im November 2009 noch die im Januar 2010 fällige Einzahlungsverpflichtung wurde durch diesen Gesellschafter geleistet." Insgesamt hätten dadurch 850.000 Euro an liquiden Mitteln gefehlt: "Im Zusammenhang mit der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung, Managementfehlern und hohen Kosten der Verbreitung des Senders führte dies zu einer kurzfristigen Insolvenz der Gesellschaft." Die NRW.Bank habe wegen der ausgebliebenen Zahlungen bereits im Dezember 2009 Klage erhoben.
Frank Lukas bestätigt, dass es diese Klage gegeben hat, sie sei aber längst vom Tisch: "Das Gericht hat bereits ausgeführt, dass ein Zusammenhang zwischen der Einzahlungsverpflichtung und der Insolvenz nicht besteht." Der genannte Betrag sei auch entgegen den Aussagen der NRW.Bank nicht fällig gewesen. "Richtig ist, dass ich mich in den letzten zwei Jahren - als größter Investor- mit mehreren Millionen an der Finanzierung der DFW beteiligt habe", bekräftigt er gegenüber queer.de
NRW.Bank war sich Risiken bewusst, Frank Lukas will Schwarzen Peter nicht
Frank Lukas wehrt sich gegen Vorwürfe der alten NRW-Landesregierung. (Bild: DFW)
Dass die NRW.Bank sich eines Risikos durch die Beteiligung bei der DFW bewusst war, zeigt die Antwort auf die Frage der Grünen Abgeordneten Andrea Ursula Asch und Horst Becker, wie es denn zur Kapitalspritze so kurz vor der Zahlungsunfähigkeit kam: "Zum Zeitpunkt des Eingangs der Beteiligung durch die NRW.Bank war den Investoren bewusst, dass es möglicherweise einer weiteren Finanzierungsrunde im Geschäftsjahr 2010 bedürfe. Die Mittel aus der zweiten Finanzierungsrunde sollten dem weiteren Wachstum des Unternehmens dienen." Im November 2009 wurde den Investoren dann seitens der DFW-Geschäftsführung eine Planüberarbeitung vorgelegt, die erheblich von den noch im Sommer 2009 vorgelegten Planzahlen abwich. "Eine Überprüfung durch eine von der NRW.Bank beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergab keine Anhaltspunkte für ein betrügerisches Vorgehen bei der Erstellung der ursprünglichen Planzahlen", heißt es im Papier.
An dieser Stelle also eine Entlastung für TIMM-Geschäftsführer Frank Lukas. Den von der NRW.Bank zugeschobenen Schwarzen Peter will er jedoch nicht annehmen: "Ein Fernsehsender braucht nun einmal mindestens zwei bis drei Jahre bis zum Break-Even. Und dazu eben auch mehrere Finanzierungsrunden. Das wussten alle Beteiligten und vor allen Dingen auch die Investoren. Von Anfang an hatte die DFW mit der Unterfinanzierung zu kämpfen."
Ungeachtet dieser Scharmützel gehen die Rettungsversuche für den Fernsehsender TIMM, der derzeit nur ein Notprogramm sendet, weiter. Wann hier allerdings endlich "weißer Rauch" aufsteigen wird, mag noch keiner der Beteiligten sagen. Aus der Kanzlei des Insolvenzverwalters heißt es nur: "Wir arbeiten daran." Bis Ende des Jahres wolle man eine Lösung gefunden haben, bestätigt Cine Plus-Geschäftsführer Helge Neubronner, dessen Firma eine Minderheitsbeteiligung an TIMM hält und den derzeitigen Betrieb auf Sparflamme sichert.
Und wieso startet man dann den Sendebetrieb, wenn von Anfang nicht genügend Finanzmittel zur Verfügung standen?
Die Webseite timm.de wirft seit Monaten nur noch eine Fehlermeldung aus, der Server auf dem die dfw.de lag ist nicht mehr erreichbar.
Traurig, daß durch das misslungene Managment und das am Publikum vorbei gestaltete Programm das Thema "schwules Fernsehen" vermutlich für die nächsten Jahrzehnte gestorben ist. Da hat TIMM einfach zu viel verbrannte Erde hinterlassen. :(