Herren im Ruhestand haben sich in die marokkanische Hafenstadt Tanger zurückgezogen, um hier Sonne, Meer und das Leben zu genießen - und schwulen Sex
Jetzt auf DVD: Simon Bischoffs provokative Doku "Mein süßer kleiner Arsch" über ältere deutsche Homos, die in Tanger das Leben genießen.
Von Carsten Weidemann
Manuela Kay war von der Doku "Mein süßer kleiner Arsch" nicht besonders angetan: "Ein perfides Porträt einer Clique alter schwuler geiler Säcke, die sich schamlos von marokkanischen jungen Männern gegen Geld bedienen lassen", schrieb sie in der "Siegessäule". "Man (ist) gleichzeitig gerührt und möchte kotzen."
Es ist Morgen in Tanger: Gymnastik für Jean Neuenschwander, einst Postangestellter, Hoteldirektor, heute Pensionär und Hauptperson dieses Films. In der marokkanischen Hafenstadt Tanger hat er sich mit 51 Jahren niedergelassen, um einen sorglosen Ruhestand in Luxus zu genießen. "Mein süßer kleiner Arsch" ist die Chronik seines Intimlebens, von dem Neuenschwander gerne und ausschweifend erzählt, gelegentlich obsessiv in seiner Detailtreue. Am liebsten schildert er seinen ersten schwulen Sex, seine sexuellen Vorlieben, die Vorzüge und Annehmlichkeiten marokkanischer Ärsche, die Genüsse eines frivolen und gesunden Lebens.
Simon Bischoff baut seinen Film rund um Jean Neuenschwander auf und zeichnet -- von dessen Geschichte ausgehend -- ein differenziertes Bild der Schwulenszene von Tanger. Ob es ein Sitten- oder ein Unsittengemälde dieser Welt ist, läßt Bischoff offen. Und genau das ist die Stärke des Films: Akribisch, fast ethnografisch leuchtet er die provokative, unangepaßte Biederkeit des spätgeouteten Saubermanns aus. Und überläßt das Urteil anderen.
"Unsere schwule Vätergeneration ist es nicht gewohnt, über ihr Liebesleben zu sprechen. Darin treffen sie sich bestens mit der islamischen Kultur, in der sich unsere Helden angesiedelt haben", sagt Bischoff über seine Doku. "Unter solchen Bedingungen einen Film drehen zu wollen, ist ein Spiel mit Unmöglichkeiten. Es ist mir nur gelungen, indem ich mich mit einer handlichen, unauffälligen Kamera so beiläufig wie möglich dazugemischt und mich über längere Zeit der Szene angeschlossen habe."
Was Simon Bischoff in der Doku nicht verrät: Der 1951 in Bern geborene Regisseur, Filmemacher, Fotograf und Schriftsteller pendelt selbst zwischen seinen beiden Wohnsitzen Südspanien und Marokko hin und her.
Mein süßer kleiner Arsch (Mon beau petit cul), Dokumentation, Schweiz 1997, Ein Buch, Regie, Kamera: Simon Bischoff, Laufzeit 105 min, Originalfassung (Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Schweizerdeutsch), Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch, GMfilms
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Eine Doku über Sexrentner will ich nicht geschenkt haben, geschweige denn kaufen!