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- 09. Oktober 2010 4 Min.

Das Haus in der Bronx, in dem drei Männer gefoltert wurden
Die Polizei in New York hat am Freitag sieben junge Männer festgenommen, die drei schwule Männer eingesperrt und brutal gefoltert haben. Nach zwei weiteren Männern wird gefahndet, ihn allen droht eine Anklage wegen eines Hassverbechens.
Wie amerikanische Medien berichten, sei es zu dem Verbrechen in der Nacht zum letzten Sonntag gekommen, als Mitglieder einer Straßengang erfuhren, dass ein 17-Jähriger, der Mitglied der "Latin King Goonies" werden wollte, schwul sein soll. Der Junge wurde von der Gruppe unfreiwillig in ein unbewohntes Appartment gebracht und über seinen angeblichen sexuellen Kontakt zu einem 30-Jährigen befragt.
Medienberichten zufolge wurde er gegen eine Wand geschleudert, musste sich ausziehen, wurde mit einer Dose an den Kopf geschlagen und mit einem Paketmesser verletzt. Auch wurde ihm der hölzerne Stil einer Saugglocke rektal eingeführt. Dann sei er nach Nennung von Namen freigelassen worden, unter der Drohung, seiner Familie würde etwas zustoßen, sollte er von seiner Behandlung erzählen.
Am Sonntagabend befragte die Gruppe der jungen Männer, alle zwischen 16 und 23 Jahren alt, in dem Appartment auf ähnlich brutale Weise einen weiteren 17-Jährigen. Schließlich gelang es ihnen, den 30-Jährigen in die Wohnung zu locken, der offenbar Kontakt mit beiden Jugendlichen hatte. Der noch immer festgehaltene Teenager wurde gezwungen, dem Mann mehrfach ins Gesicht zu schlagen und ihm mit einer brennenden Zigarette Verletzungen zuzufügen, unter anderem an seinem Penis. Dann schlug die Gruppe mit einer Kette und einem Baseball-Schläger auf ihn ein, auch wurde er mit dem Schläger vergewaltigt.
Eingeschüchtere Opfer

Einige der Gangmitglieder nach ihrer Verhaftung
Mit einem gestohlenen Schlüssel verschafften sich einige Gang-Mitglieder in der Zwischenzeit Zugang zu der Wohnung des Mannes, wo sie auf den mit ihm zusammenlebenden älteren Bruder stießen, der ebenfalls geschlagen und aufgefordert wurde, verstecktes Geld preiszugeben. Nachdem der sich weigerte, hielten ihm die Jugendlichen ein Handy ans Ohr, wo sein Bruder berichten musste, dass er von der Gang gefangen gehalten werde. Nachdem der Mann das Versteck preisgab und die Bandmitglieder 1.000 US-Dollar und einen Fernseher erbeuteten, wurde er an einen Stuhl gefesselt, von dem er sich erst in der Nacht befreien konnte.
Seiner Nachbarin und Polizei erzählte er aus Sorge zunächst nichts von seinem Bruder, das komplette Geschehen ließ sich aber nicht mehr verheimlichen, als dieser plötzlich lebensgefährlich verletzt in der Einfahrt lag, wo ihn Gangmitglieder offenbar aus dem Wagen gestoßen hatten. Erst nach einigen Tagen verrieten die eingeschüchterten Opfer Krankenhausangestellten und der Polizei, was vorgefallen war. Zwar hatten die Gang-Mitglieder das Appartment von den Spuren des Verbrechens gründlich gereinigt, die Behörden kamen ihnen aber schnell auf die Schliche.
Polizeisprecher Ray Kelly sagte, die feige und verabscheuungswürdige Tat sei kein Initiierungsritual und auch kein gewöhnliches Gewaltverbrechen gewesen. "Dies war eine Reaktion auf die Tatsache, dass die Männer gleichgeschlechtlichen Sex hatten." Den neun Männern, die sich nach Angaben von Kelly gegenseitig die Schuld zuschieben und keine Verantwortung übernehmen wollen, drohen diverse Anklagen, verschärft durch die Hassgesetz-Gesetzgebung.
Düstere Zeiten

Mit einem Massen-"Die-In" machte die Szene auf sich aufmerksam
Die Berichte über diesen Vorfall in New York werden zu einer Zeit bekannt, in der die Situation von Schwulen in der amerikanischen Gesellschaft im öffentlichen Interesse steht wie seit dem Mord an dem Studenten Matthew Shepard nicht mehr. Zum einen werden immer neue Gewalttaten gegen Homosexuelle bekannt. So wurde am letzten Wochenende ein schwuler Student von zwei jungen Männern zusammengeschlagen - ausgerechnet im Stonewall Inn, der bekanntesten schwulen Kneipe der Welt. Hier, in der Bar in der Christopher Street, hatte 1969 der Protest von Besuchern gegen eine Razzia der Polizei zu tagelangen Ausschreitungen und letztlich zum Beginn der modernen Schwulenbewegung geführt.
Auch führten Berichte über immer neue Selbstmorde von sehr jungen Schwulen, ausgelöst zumeist durch Hänseleien und Schikanen, in den letzten Wochen zu Verunsicherung und Besorgnis nicht nur innerhalb der Szene. Es gibt inzwischen Hunderte Videos von Jugendlichen und Erwachsenen aus aller Welt, die jungen Menschen im Coming-out im Rahmen der Kampagne "It get's better" Mut machen wollen. Auch Prominente wie die TV-Talkerin Ellen DeGeneres haben entsprechende Nachrichten aufgenommen. Die populäre Fernsehserie "Glee" will in einer der nächsten Folgen auf das Thema eingehen, die CNN-Talkshow von Larry King widmete den Vorfällen bereits eine ganze Sendung.
Am Freitag versammelten sich Hunderte Aktivisten zu einem Flashmob in der New Yorker Grand Central Station. Das Massen-"Die-In", bei der sich Teilnehmer regungslos auf den Boden legten, sollte auf Gewalt und Bullying aufmerksam machen. Auch in anderen Städten Amerikas gab es ähnliche Aktionen. Das Hassverbrechen aus New York war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. (nb)














