Über 1.000 Menschen demonstrierten friedlich (Bild: twitter / milosdjajic)
In der serbischen Hauptstadt haben am Sonntag Morgen über 1.000 Menschen für LGBT-Rechte demonstriert. Die Polizei sperrte sie von Nationalisten ab, die mit Steinen und Brandbomben warfen. Während Schwule und Lesben später aus der Innenstadt evakuiert wurden, dauerten die Krawalle noch an. Über 80 verletzte Polizisten.
Von Norbert Blech
In der serbischen Hauptstadt Belgrad hat es am Sonntag den ersten CSD seit 2001 gegeben. Unter starkem Polizeischutz zogen über 1.000 Schwule und Lesben sowie Unterstützer durch eine menschenleere Innenstadt.
Durch die breite Polizeiabsperrung hätten es viele potentielle Teilnehmer nicht zum CSD geschafft, berichteten einige bei Twitter. Als die Parade nach einer Startkundgebung, an der auch Politiker und Vertreter einige EU-Länder teilnahmen, durch die Straßen zog, gab es folglich kaum Zuschauer.
Die zahlreich vertretenen Gegendemonstranten wurden von der Polizei mehrere Blocks entfernt gehalten. Sie schrien "Tod den Schwulen" und versuchten, die Absperrung zu brechen. Es kam zu Straßenschlachten, bei denen mindestens 80 Polizisten verletzt wurden, zwei davon schwer. Serbischen Medien zufolge wurden auch Gegendemonstranten und ein Journalist verletzt.
Youtube | Die letzten Bilder der Ausschreitungen vom staatlichen Sender RTS
Innenstadt verwüstet
Die Polizei nahm zahlreiche Gegendemonstranten fest
Die Nationalisten warfen Steine auf die Polizisten, zerschmetterten Scheiben von Autos und Gebäuden und setzten mit einer Brandbombe die Zentrale der Demokratischen Partei kurzzeitig in Brand. Die Krawalle dauerten bis zum Nachmittag an. Es gab Versuche, das Parlament und einige Botschaften zu stürmen, der Empfangsbereich des Senders RTS wurde verwüstet. Drei Verkehrsbusse wurden in Flammen gesetzt, einige Geschäfte geplündert. Mindestens 100 Menschen wurden festgenommen.
Der Belgrader Bürgermeister Dragan Djilas sagte, die Schäden in der Innenstadt gingen in Millionenhöhe. Der CSD sei der einzige Grund für die Krawalle gewesen, sagte er weiter und widersprach damit dem stellvertretenden Präsidenten Dragan Sutanovac. Der hatte verlauten lassen, die Gewalt habe nichts mit Schwulen und Lesben zu tun, sondern sei willkürlich der Gewalt wegen. Der serbische Präsident Boris Tadic hat die Ausschreitungen verurteilt und mit einer harten Verfolgung der Straftäter gedroht. Meinungs- und Demonstrationsfreiheit seien ein hohes Gut. Die Attacken richteten sich nicht gegen Schwule oder die Polizei, sondern gegen den Staat und seine Bevölkerung.
Nach der Demonstration geleitete die Polizei die Teilnehmer des CSDs sicher zu der Abschlusskundgebung in einem Unigebäude. Danach wurden die Teilnehmer in Polizeiwagen aus der Innenstadt "evakuiert". Es gibt Berichte, wonach zwei Teilnehmer beim Rückweg verprügelt wurden und ins Krankenhaus mussten.
Youtube | Bilder der CSD-Parade von B92
Gewalt im Vorfeld
Welche Rolle trägt die Kirche an den gewaltvollen Protesten?
Anders als 2001 kam es so zu keinen oder wenigen direkten Angriffen von Gegendemonstranten auf Schwule und Lesben im Rahmen einer CSD-Parade. Im letzten Jahr hatten die Veranstalter den CSD noch wegen Gewaltandrohungen abgesagt. Innenminister Ivica Dacic hatte versprochen, den diesjährigen CSD durch seine Polizei zu schützen. Insgesamt waren über 5.000 Beamte im Einsatz.
Vor der Parade wurde allerdings einer der CSD-Organisatoren, Boban Stojanovic, auf offener Straße in der Nähe seiner Wohnung verprügelt. Bereits in der Nacht war es zu Gewalt gekommen. Zwei mit Hämmern bewaffnete Männer brachen in die Büros der Gruppe "Women in Black" ein und forderten die Aktivistinnen auf, ihnen "die Schwuchteln" auszuliefern. Da keine anwesend waren, zogen sie wieder ab.
Bereits am Samstag hatten mehrere Tausend Menschen gegen den CSD demonstriert (queer.de berichtete). Die orthodoxische Kirche hatte sich zuvor gegen Gewalt, aber auch gegen den CSD ausgesprochen.
Youtube | Video der Krawalle des Senders B 92
www.youtube.com/watch?v=nUOH7nrVfys