"Sicherheitsforscher: Outet Facebook Schwule und Lesben?" heißt die Überschrift einer Meldung aus dem heutigen Netzwelt-Ticker von "Spiegel Online". In der geht es dann, etwas sachlicher, nicht um Namenslisten, die der Konzern ins Netz stellt. Sondern um die Problematik, dass schwule Männer bei Facebook gezielte Werbung angezeigt bekommen können, wie eine verlinkte Studie (PDF) nebenbei herausfand.
SpOn schreibt dazu: "Überrascht stellten die Forscher fest: Manche Anzeigen wurden ausschließlich Schwulen angezeigt - ohne aber eindeutig klar zu stellen, dass sie speziell auf ein schwules Publikum ausgerichtet sind (die Studie erwähnt eine in Facebook werbende Schwulenbar als typisches Gegenbeispiel)." Studie und SpOn sprechen von "hinterlistigen Anzeigen", denn klicke ein User darauf, sei er für den Werbetreibenden als schwul erkennbar, ohne das zu ahnen.
Diese Entdeckung sei ein Grund mehr für "eine Aufklärung der Surfer, warum und vom wem sie welche Werbung angezeigt bekommen und welche Informationen die Onlinewerber und Website-Betreiber sie von ihnen haben", kommentiert "Spiegel Online".
Nun hätte das Magazin die Fragen auch schnell selbst beantworten können: Gezielte Werbung für Schwule ist bei Facebook-Mitgliedern nur möglich, wenn sie angegeben haben, dass sie 1) Männer sind und 2) auf Männer stehen. Das ist eine bewusste Angabe, auf die im Übrigen viele verzichten.

Mit diesen Angaben hatte Queer.de vor einigen Monaten bei Facebook geworben
Auch sind die Gefahren nicht so groß wie behauptet. "Spiegel Online" schreibt gleich zweimal, einmal als direktes Zitat aus der Studie und dann in eigenen Worten, der Werbetreibende komme über die Facebook-ID auch an den Namen des neu geouteten Schwulen. Das ist, freundlich ausgedrückt, eine falsche Übersetzung. In der Studie steht nichts dergleichen, die Facebook-ID bzw. der Usernamen wird seit einigen Monaten nach Beschwerden von Usern im Referrer unterdrückt. Der Werbetreibende erhält nach einem Klick auf seine Seite als einzige Identifizierungsmöglichkeit zunächst nur eine anonyme IP-Adresse, kann vielleicht noch ein Cookie mit dem Merkmal "schwul" setzen oder mehr Details abfragen, etwa nach Ausfüllen eines Newsletter-Abos. Das ist so ziemlich genau das, was jeder Webseitenbetreiber nach einem Klick, Werbung oder nicht, an Möglichkeiten hat. Und ist vergleichsweise harmlos im Vergleich zu dem, was Google oder einige Werbenetzwerke über schwule Surfer wissen.
Trotzdem: "Noch ein Grund mehr für eine Reglementierung von Onlinewerbung", kommentiert Spiegel Online. So sehr wir bei Queer.de auch die Ängste von Klemmschwestern verstehen (die auch im Medienbereich noch immer anzutreffen sein sollen) und so sehr wir auch Datenschutz grundsätzlich für wichtig halten: mit dieser Argumentation wäre jeder Banner auf Queer.de oder Gayromeo bösartig. Ebenso wie jeder Werbetreibende, der sein allgemeines Produkt gezielt (auch) bei schwulen Männern vermarkten will.
Innerhalb des SpOn-Artikels befindet sich übrigens ein Werbeblock für Textanzeigen bei "Spiegel Online". Das Magazin berichtet in letzter Zeit immer häufiger über Homo-Themen.
(Fotos: queercom (1), Ray-Franco Bouly / flickr / cc by-nd 2.0 (1))