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- 23. Oktober 2010 2 Min.

Sex ohne Kondom: Die Infektionsgefahr ist bei einer erfolgreichen Therapie sehr gering - die Gefahr einer juristischen Verfolgung jedoch nach wie vor hoch (Bild: Tomizak / flickr / by-nd 2.0)
Ein HIV-positiver Mann muss seinem Sexpartner wegen ungeschütztem Analverkehr 1.140 Euro Schadenersatz zahlen - obwohl seine Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze liegt und eine Infektion unwahrscheinlich war.
Die beiden Männer hatten sich im September 2009 über eine schwule Datingplattform kennengelernt. "Sollen wir uns schützen?", fragte der spätere Kläger, ein russischer Austauschstudent. "Nicht nötig", antwortete ihm sein Sexpartner. Später aber räumte er ein: "Ach übrigens, ich bin HIV-positiv." Das Virus könne er aber aufgrund seiner erfolgreichen antiretroviralen Medikamenten-Therapie nicht übertragen.
Der russische Austauschstudent geriet daraufhin in Panik und ging am nächsten Tag zum Arzt. Er bekam Tabletten, die eine mögliche Infizierung nach dem Sex verhindern können. 1.520 Euro musste er für die so genannte Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) bezahlen. Der Student ist nach wie vor HIV-negativ.
Richter: Kläger hat Mitschuld von 25 Prozent
Vor dem Kölner Amtsgericht verlangte er nun von seinem Sexpartner die Arztkosten zurück. Im Urteil sprachen die Richter dem Russen am Freitag 1.140 Euro plus Zinsen zu (Az.: 113 C 598/09). Er bekam nicht den vollen Betrag, da das Gericht ihm eine "Mitschuld von 25 Prozent" anlastete, selbst für geschützten Sex hätte sorgen zu können. Die Viruslast des Verurteilten spielte für die Richter keine Rolle: "Wer mit einem Dritten ungeschützten Geschlechtsverkehr ausübt, obwohl er HIV-inifiziert ist, begründet naturgemäß bei dem anderen die Angst infiziert worden zu sein, sobald dieser von der Infektion erfährt", heißt es in der Urteilsbegründung.
Deutsche Gerichte urteilen sehr unterschiedlich in Fällen, bei denen ein Sexpartner zwar HIV-positiv ist, sich aufgrund der antiretroviralen Medikamente aber keine Infektion mehr nachweisen lässt. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist eine Übertragung von HIV bei sexuellen Kontakten ohne Kondom unwahrscheinlich, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss die Viruslast des HIV-positiven Partners seit sechs Monaten unter der Nachweisgrenze liegen. Zweitens müssen die antiretroviralen Medikamente konsequent eingenommen werden. Drittens dürfen bei den Sexpartnern keine Schleimhautdefekte vorhanden sein.
Bei One-Night-Stands rät die Deutsche-Aids-Hilfe (DAH) jedoch weiterhin zum Gummi: "Beim Sex mit Gelegenheitspartnern empfiehlt sich weiterhin die Verwendung von Kondomen, da die Bedingungen der regelmäßigen Kontrolle [von sexuell übertragbaren Krankheiten] (um die Abwesenheit von Schleimhautdefekten bei beiden Partnern zu überprüfen), der Kommunikation und der gemeinsamen Entscheidung hier in der Regel nicht gegeben sind."
Links zum Thema:
» Die Urteilsbegründung als PDF vom Server der Deutschen Aids-Hilfe downloaden (1 MB)
Mehr zum Thema:
» Aids-Hilfe: Kondom muss nicht immer sein (09.04.2009)















Bekloppte Entwicklung!