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  • 01. November 2010 28 4 Min.

"Schatz, heute machen wir mal die Kondomindustrie unglücklich"

Ein HIV-Positiver unter Therapie ist kaum noch ansteckend. Kann er auf das Kondom verzichten? Ja, unter bestimmten Bedingungen. Sagt die Deutsche AIDS-Hilfe.

Von Philip Eicker

Die antiretrovirale Therapie bei einer HIV-Infektion ist inzwischen so wirksam, dass die Viruslast dauerhaft auf ein Minimum reduziert werden kann. Was heißt das für schwule Paare, bei denen ein Partner positiv ist? Unter welchen Bedingungen kann man auf Kondome verzichten? Der Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH), Armin Schafberger, über Chancen und Risiken bei der "Viruslastmethode"


Herr Schafberger, ein HIV-positiver Mensch, der erfolgreich therapiert wird, ist kaum noch ansteckend. Heißt das, er kann aufs Kondom verzichten und trotzdem Safer Sex haben?

Ja - allerdings nicht bei Gelegenheitssex, sondern nur in festen Beziehungen. Denn für Safer Sex ohne Kondom müssen drei strenge Bedingungen erfüllt sein: Die Sexpartner dürfen keine anderen sexuell übertragbaren Infektionen haben, zum Beispiel auch keine Herpes-Bläschen. Der Positive sollte seine Viruslast - also die Menge der Viren pro Milliliter Blut - vom Arzt regelmäßig kontrollieren lassen. Und er muss seine Medikamente sehr zuverlässig einnehmen. Das alles lässt sich beim Sex mit Partnern in der freien Wildbahn natürlich nicht überprüfen.

Aber in einer vertrauensvollen festen Beziehung ist das Kondom verzichtbar?

Wir gehen davon aus, dass die Risikoreduktion durch eine erfolgreiche Therapie mindestens 95 Prozent beträgt. Das kann man aus vielen Studien mit "serodifferenten" Paaren ersehen. Allerdings waren die Teilnehmer dieser Studien alle heterosexuell. Die Infektionswahrscheinlichkeit bei Analverkehr ist höher ist als bei Vaginalverkehr. Aber auch hier liegt die Risikoreduktion noch über 95 Prozent. Das heißt: Die Bestmarke des Kondoms ist geknackt. Das durchschnittliche Risiko für "passiven" ungeschützten Analverkehr liegt um die 1,4 Prozent. Durch Safer Sex wird es um mindestens 95 Prozent reduziert - macht rund 0,07 Prozent.

Wenn zwei Männer in einer festen Partnerschaft regelmäßigen Sex haben, ist dann eine Infektion des negativen Partners nicht nur eine Frage der Zeit?

Man kann mit diesen Durchschnittswerten für das Individuum keine Aussage machen. Eine HIV-Übertragung hängt von vielen Kofaktoren ab: Eine hohe Viruslast beim positiven Partner, zum Beispiel in der frühen Phase der Infektion, erhöht das Risiko um den Faktor 10 oder vielleicht sogar mehr. Auch ein Syphilisgeschwür erhöht das Risiko. Bei Vorliegen einer hohen Viruslast plus Syphilis-Geschwür kann somit aus einem relativ niedrigen durchschnittlichen Risiko eine fast sichere Infektion werden. Umgekehrt gilt: Bei niedriger Viruslast und Abwesenheit von Schleimhautverletzungen sinkt das Risiko drastisch.

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Analverkehr ohne Kondom kann auch Safer sein


Armin Schafberger ist Medizinexperte der DAH (Bild: DAH)

Nochmal in aller Deutlichkeit: Würden Sie sagen, ein serodifferentes Paar kann beim Analverkehr das Kondom weglassen, wenn es das gerne möchte?

Das ist eine individuelle Entscheidung. Wenn die Partner maximale Sicherheit haben wollen, sollten sie beides machen: Therapie und Kondom. Aber gerade Paaren fällt das auf Dauer oft schwer. Es gibt in Beziehungen oft ein großes Bedürfnis, das Kondom wegzulassen. Denen sagen wir: Das Risiko in einer längeren festen Partnerschaft ist unter den genannten Bedingungen so niedrig wie bei Safer Sex ohne Therapie.

Warum ist Ihnen diese Botschaft so wichtig?

Dank der Info über die Infektionswahrscheinlichkeit unter Therapie wissen die Leute nun, dass sie nichts falsch machen, wenn sie - unter den genannten Bedingungen - das Kondom weglassen. Dieses Wissen mindert die Angst, sich oder den anderen zu infizieren, ganz enorm. Das ist ein großer Pluspunkt für ein selbstbewusstes und gesundheitsbewusstes Leben. Darum war es uns wichtig, diese neue Präventionsbotschaft zu verkünden.

Die Deutsche AIDS-Hilfe wurde dafür teilweise scharf kritisiert ...

... und es wird noch immer darüber gestritten. Aber was passiert denn, wenn wir diese Botschaft nicht senden? HIV-Positive erfahren ja bei ihrem Arzt von den enormen Therapieerfolgen. Bei vielen ist kein Virus mehr im Blut nachweisbar. Dann versuchen sie, das Risiko selber abzuschätzen - und haben vielleicht ausgerechnet kurz nach Therapiepause ungeschützten Sex, wenn die Viruslast noch hoch ist. Oder sie achten nicht auf sexuell übertragbare Krankheiten. Die antiretroviralen Therapien tragen zur Prävention bei, und es ist fair, das allen Menschen mitzuteilen. Strittig ist das Thema trotzdem noch, denn wir wissen nicht mit letzter Sicherheit, wie hoch genau das Restrisiko ist. Aber das gilt auch für das Kondom.

Bei einem gut behandelten HIV-Positiven sind keine Viren mehr im Blut nachweisbar. Trotzdem sinken die Infektionszahlen nicht. Wie kommt das?

Das liegt an einer ganzen Reihe von Faktoren. Eine wichtige Rolle spielt der Verlauf der Infektion: Unmittelbar nach einer Ansteckung ist die Viruslast extrem hoch - und die Betroffenen wissen oft noch nicht, dass sie sich infiziert haben. Wir gehen davon aus, dass relativ viele HIV-Übertragungen in dieser akuten Phase geschehen. Und von den Menschen, die von ihrer Infektion wissen, nehmen nur etwa drei Viertel antiretrovirale Medikamente.

-w-

#1 HannibalEhemaliges Profil
  • 01.11.2010, 08:10h
  • Diese Info ist ja nun wirklich mindestens 1 Jahr alt!
    Und ob sie besonders hilfreich zur Vermeidung von HIV ist, wage ich mal zu bezweifeln.
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#2 herve64Ehemaliges Profil
  • 01.11.2010, 08:24h
  • Das denke ich auch: oberflächlich, wie die meisten sind, werden sie nur die Überschrift verinnerlichen und dann sagen "Na bitte, hab ich' s doch gewusst!" und dann ohe Kondom in der Gegend herumvögeln. Oder macht sich hier wirklich jemand die Mühe, weiterzulesen?
  • Direktlink »
#3 schwulenaktivist
  • 01.11.2010, 09:21h
  • Fachanweisungen gehören in die Hände von Fachleuten, die das mit den Betroffenen besprechen müssen.
    Glaubt wirklich eineR, dass jemand, der sich vorher nicht geschützt hatte - und sei es nur beim "einen" Mal - , sich dann an die ganz spezifischen Bedingungen und Vorschriften halten wird, die so eine Therapie erfordert?
    Diese komplizierten Umstände und Regelungen - für die es wiederum einen Fachausdruck gibt - werden nie mitkommuniziert.
    Es geht heute anscheinend nicht mehr darum, sich grundsätzlich - auch vor anderen Krankheiten in der Sexualität - zu schützen, sondern darum, unter welchen vertrackten Umständen und mit welchem Glauben man sich eventuell beim "Richtigen" dann doch nicht schützen muss...

    Noch nie wurde bei allen Umfragen der Bildungsstand und die "Dummheit" der Befragten erhoben. Es wäre niederschmetternd!!

    Das ist doch wie die katholische Sexualmoral. Von Mönchen ausgetüftelt und für die Menschen nicht praktikabel - höchstens von "Auserwählten".

    Und die schwule Regenbogenpresse labert brav alles nach, weil sie geile Leser braucht für ihre Werbebanner. :-(

    Etwas mehr kritische Recherche wäre oft gefragt, ist halt aber zu teuer.

    Die Langzeitfolgen von Poppers, die kombinierte Einnahme von Medikamenten mit allen möglichen Drogen, die psychischen Probleme - all dies wird ausgeblendet. Ich empfehle immer noch
    www.vs-verlag.de/index.php;do=show/sid=abca9e64b2f641e0cf9ac
    e542dec1758/site=w/book_id=19217

    als ernüchternde Realitätstherapie...
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