Von einer glücklichen Beziehung träumen die meisten, doch oft scheitert sie aufgrund eigener Ängste (Bild: CarbonNYC / flickr / by 2.0)
Um einen gleichberechtigten Partner zu finden, musst du einen Mann auf Augenhöhe suchen - und das funktioniert nur, wenn du dich selbst nicht "kleiner" machst als deinen Partner.
Von Eric Hegmann/
gayPARSHIP.com
Michael (36) ist Single seit acht Jahren. Er sagt, bei der Partnersuche habe er einfach kein Glück, obwohl seine Ansprüche gar nicht so hoch seien. Auf die Frage, warum er keinen Partner hat, antwortet er: "Ich gerate immer an die Falschen." Dann schwärmt er von dem Mann aus Chicago, den er beim CSD in Berlin kennen gelernt hat. "Das war Heiratsmaterial. Auf der Stelle hätte ich ihm die Treue geschworen. Aber das macht ja keinen Sinn, so weit entfernt wie er lebt."
Distanz als Beziehungsverhinderer ist ein plausibles Argument. Ähnlich wie das Alter bei Michaels vorherigem Bekannten. Der war Anfang 20 und begann gerade mit einem Studium, was zu völlig unterschiedlichen Tagesabläufen und in der Folge zu weit auseinander klaffenden Erwartungen über die gemeinsame Zeitplanung führte. Manchmal passt es einfach nicht, so ist das nun mal. Doch was, wenn sich die Bedenken wiederholen, wenn sich regelmäßig nach der ersten Euphorie die "Ich finde ihn großartig, aber ..."-Sätze ins Schwärmen mischen?
Wenn sich bei dir häufig schnelle Ernüchterung einstellt, solltest du dir die Zeit und den Abstand nehmen, deine Partner und deine Ansprüche an einen Partner zu hinterfragen. Möglicherweise handelt es sich nämlich bei deinen Zweifeln und Bedenken gar nicht (nur) um rationale Argumente, sondern um ein Muster unbewusster Beziehungsverweigerung.
Die hoffnungslosen Fälle reizen
Homo-Glück unterm Weihnachtsbaum: Habe den Mut, dich nur mit Männern einzulassen, die tatsächlich für eine Beziehung bereit sind (Bild: CarbonNYC / flickr / by 2.0)
Ein Paradebeispiel dafür ist es, sich für Männer zu begeistern, die unerreichbar (also "falsch") sind. Weil sie verpartnert sind, weit entfernt leben, nicht nur "straight acting", sondern tatsächlich heterosexuell sind. Oder weil sie vielleicht von Anfang an keine oder wenig Hoffnung machen, die erstrebte Beziehungsform kategorisch ablehnen oder - der Extremfall - sich niemals für einen interessieren würden, weil sie im Vergleich zum eigenen Partnermarktwert in einer ganz anderen Liga spielen.
"Was soll ich tun?", fragt Michael. "Bei anderen Männern flattern keine Schmetterlinge, da kribbelt nichts. Es sind eben die hoffnungslosen Fälle, die mich reizen und in die ich mich verliebe. Das kann ich mir schließlich nicht aussuchen!" Das Besondere an den in solchen Situationen sehr intensiven emotionalen Höhenflügen ist, dass sie einzig deshalb möglich sind, weil unser Unterbewusstsein längst weiß, was unser Verstand noch nicht hat einsehen wollen: Aus dieser Konstellation kann nichts werden. Egal, wie sehr wir uns anstrengen würden, diese Nuss könnten wir nicht knacken. Und genau deshalb investieren wir Emotionen ohne Einschränkungen, schließlich müssen wir nicht befürchten, uns der Realität dieser Beziehung jemals stellen zu müssen.
Dahinter steht häufig Angst, die wir selbst nicht wahr haben wollen. Nämlich die Angst, sich auf eine Partnerschaft einzulassen, sich zu öffnen und Gefahr zu laufen, verletzt zu werden. Manchmal steckt sogar dahinter, sich selbst nicht wertvoll genug für eine Beziehung zu fühlen, nicht wert, geliebt zu werden. Das Angenehme: Die Schuld, dass es nichts mit einer Beziehung wird, tragen so immer die anderen. Dabei waren wir doch so verliebt, haben uns so viel Mühe gegeben und die Sterne vom Himmel geholt ... Nichts hätte an der schlechten Ausgangslage etwas ändern können, denn das Problem war nicht der andere, sondern wir waren es. Wir hätten etwas ändern sollen. Nämlich den Blick aufs Realistische schärfen und den Mut haben, uns mit Menschen einzulassen, die tatsächlich für eine Beziehung bereit sind.
Wechsel die Perspektive
Frage dich vorher: Spielt der Angebete in derselben Liga wie du? (Bild: CarbonNYC / flickr / by 2.0)
Stell dir vor, du wärst auf einem Ball, auf dem du dich zunächst auf der (gut gefüllten) Tanzkarte deines Traumpartners eintragen musst, bevor du mit ihm übers Parkett wirbeln darfst. Du ärgerst dich, dass schon wieder vier andere schneller waren, und spähst nach einem vergleichbaren Ersatz. Auch dieser Mann hat bereits einige Verehrer. Genau wie die nächsten beiden. Entnervt willst du die Veranstaltung verlassen. Als du an der Garderobe deine Jacke holst, fällt dir zum ersten Mal ein, dass du den ganzen Abend gar nicht auf deiner eigenen Tanzkarte nachgesehen hast, ob sich vielleicht jemand bei dir eingetragen hat.
Wenn du dir immer wieder vorkommst, als würdest du im Schatten deines Traumpartners in einer Schlange stehen, dann nimm dir doch ab und an die Zeit, dich umzudrehen und nachzusehen, wer denn in deinem Schatten steht. Sollte dein erster Gedanke jetzt sein: "Das lohnt nicht, da steht sowieso nur wie immer Schrott herum", dann könnte dein Selbstbewusstsein eine kleine Auffrischung gebrauchen.
Die Kombination, sich einerseits in unerreichbare Partner zu verlieben und umgekehrt alle potenziellen Partner als ungeeignet zu bewerten, nur weil diese sich für dich interessieren, ist weit verbreitet. Groucho Marx soll gesagt haben: "Es würde mir nicht im Traum einfallen, einem Klub beizutreten, der bereit wäre, jemanden wie mich als Mitglied aufzunehmen." Der Satz ist witzig, aber als Lebensmotto ein Ticket für viele einsame Tage und Nächte. Stärke dein Selbstbewusstsein, gönne dir mal wieder etwas Gutes, entspann dich beim Sport, arbeite an etwas, das du wirklich gut kannst, und loben dich selbst für das, was du erreicht hast.