Die LSU-Jungs stehen hinter den beiden Neumitgliedern Ingrid Sehrbrock und Regina Görner. (Bild: LSU)
Die beim CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe in den Bundesvorstand gewählten Politikerinnen Regina Görner und Ingrid Sehrbrock sind den Lesben und Schwulen in der Union beigetreten.
Von Dennis Klein
"Sie sind nicht schwul, nicht lesbisch, aber gegen Diskriminierung", umschreibt LSU-Vorstand Dirk Braitschink die Neumitglieder Görner und Sehbrock, die beide dem Gewerkschaftsflügel der Union angehören und am Montag mit großer Mehrheit in den Bundesvorstand der Partei gewählt worden. Dem obersten Gremium der Partei gehören 26 gewählte Mitglieder sowie CDU-Amtsinhaber aus Bund und Ländern an.
Görner, die bereits vor mehreren Wochen der LSU beigetreten ist, war von 1999 bis 2004 saarländische Sozialministerin und ist heute geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Sie ist seit 2000 Mitglied des CDU-Bundesvorstands. Auch Ingrid Sehrbrock ist als stellvertretende DGB-Vorsitzende für Arbeitnehmerrechte aktiv. Sie ist erstmals vor vier Jahren in den Bundesvorstand gewählt worden.
Zeichen gegen Diskriminierung
Die Berliner Bundestagsabgeordnete Stefanie Vogelsang trat spontan der LSU bei. (Bild: CDU/CSU-Bundestagsfraktion)
Die Berliner Bundestagsabgeordnete Stefanie Vogelsang, die selbst bereits als Gast bei einer schwulen Hochzeit dabei war, ist am Montag ebenfalls der LSU beigetreten. Die Berlinerin erklärte, sie wollte mit ihrem spontanen Beitritt ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen. Nach Angaben des stellvertretenden LSU-Pressesprechers Jan Moritz Lehnert stehen alle drei Neumitglieder "voll hinter den LSU-Forderungen". Demnach sprächen sie sich für die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern mit Eheleuten inklusive Adoptionsrecht aus und wollen in Antidiskriminierungsgesetze auch das Merkmal "sexuelle Identität" aufnehmen.
Die LSU konnte diesmal mit einem sehr zentral gelegenen Stand Mitglieder in Scharen anziehen. Als vorteilhaft erwies sich, dass dieser auf direktem Weg zur Kantine lag. LSU-Mitglieder zeigten sich enthusiastisch über die Resonanz in der Partei: "In dem großen Zuspruch der Besucher sehe ich eine Wertschätzung für jahrelange konstruktive Arbeit der LSU innerhalb der Mutterpartei CDU", erklärte LSU-Chef Alexander Vogt.
Schwul und konservativ
Vor rund zwei Wochen klang das noch anders: Damals prangerte die LSU einen "regelrechten Skandal" in der Mutterpartei an. Sie reagierte damit auf Aussagen von CDU-Politikern, die Schwule und Lesben als schlechte Eltern abkanzelten und darum das Adoptionsverbot für Homo-Paare beibehalten wollten (queer.de berichtete). Für die LSUler ist das kein Widerspruch: "Wir müssen moderat herangehen", sagte Vorstand Dirk Braitschink gegenüber queer.de. "Manche in der Union sind ein bisschen weiter, anderen muss man die Dinge erklären." So seien Gespräche mit Politikern geplant, die sich zuletzt abfällig über Schwule und Lesben geäußert haben. Görner und Sehbrock könnten ferner die Anliegen der LSU im CDU-Bundesvorstand vertreten und so zum Umdenkungsprozess beitragen. Es sei aber schon lange kein Widerspruch mehr, schwul und konservativ zu sein, so Braitschink.
In ihrer Parteitagsrede ging Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht auf schwul-lesbische Themen ein. Sie erklärte lediglich, dass die Union Familien unterstützen werde: "Familie ist dort, wo Eltern für Kinder und Kinder für Eltern dauerhaft Verantwortung übernehmen", erklärte die Kanzlerin. Ob die CDU-Definition schwul-lesbische Familien mit einschließt, sagte Merkel aber nicht.
LSU-Vorstand Braitschink glaubt, dass bereits im nächsten Jahr der größte Brocken in der Diskriminierung von Homo-Paaren beiseite geschafft werden könnte. Wenn alles gut laufe, könnte die Gleichstellung im Einkommenssteuerrecht durchgesetzt werden. Zwar hat sich Finanzminister Wolfgang Schäuble erst vor drei Monaten gegen die Gleichbehandlung von Homo-Paaren in diesem Bereich ausgesprochen, Braitschink verweist aber auf den Koalitionsvertrag, der verspricht, "gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht" abzubauen. Und falls das mit den Parteifreunden nicht klappen sollte, gebe es ja noch Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Richter haben erst vor zwei Monaten die Benachteiligung bei der Erbschaftssteuer für verfassungswidrig erklärt. Gut möglich, dass die Skeptiker in der Union wieder einmal auf die rote Karte aus Karlsruhe warten.