Bis zu 15.000 Euro verlieren Homo-Paare Jahr für Jahr wegen der Benachteiligung bei der Einkommensteuer (Bild: viZZZual.com / flickr / by 2.0)
Das Niedersächsische Finanzgericht hat die Benachteiligung von eingetragenen Lebenspartnern im Einkommensteuerrecht für verfassungswidrig erklärt.
Das Urteil des Gerichts vom 9. November ist erst jetzt bekannt geworden (Az. 10 V 309/10). Die Richter gaben einer Antragstellerin recht, die beim Finanzamt eine gemeinsame Steuererklärung mit ihrer Lebenspartnerin abgegeben hatte. Das Finanzamt lehnte diese Zusammenveranlagung jedoch ab, weil Verpartnerte nach der augenblicklichen Gesetzeslage bei der Einkommensteuer wie Fremde behandelt werden müssen.
Die Richter beriefen sich in ihrem Urteil auf das grundgesetzlich garantierte Diskriminierungsverbot in Artikel 3 ("Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich"). Der ebenfalls in der deutschen Verfassung erwähnte Schutz der Ehe (Artikel 6) berechtige die Bundesregierung nicht, andere Lebensformen zu benachteiligen, argumentierten die Richter. Sie beriefen sich dabei auf ein im August bekannt gegebenes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, in dem die Benachteiligung von Homo-Paaren im Erbschaftssteuerrecht aus den gleichen Gründen für verfassungswidrig erklärt worden ist (queer.de berichtete). Der besondere Schutz von Kindern sei kein Grund, Eheleute besser zu stellen, da der Ertrag des Ehegattensplittings unabhängig davon ausgezahlt wird, ob Kinder in einer Familie leben oder nicht.
Schwarz-Gelb scheut Gleichstellung
Der Lesben- und Schwulenverband begrüßte die Entscheidung der niedersächsischen Richter und sieht nun die Merkel-Regierung in der Pflicht: "Das ist eine klare Rüge für die Bundesregierung, die gerade ein Jahressteuergesetz auf den Weg gebracht hat, das die Diskriminierung von Lesben und Schwulen im Einkommensteuerrecht weiter festschreibt", erklärte LSVD-Sprecher Manfred Bruns. "Trotz des eindeutigen Votums des Bundesverfassungsgerichtes hatten sich Union und FDP geweigert, die notwendigen Schritte der rechtlichen Gleichstellung zu vollziehen. Dagegen sagt das Gericht in seiner Begründung klar, dass der Ausschluss eingetragenen Lebenspartnerschaften von der Anwendung der Regelungen über das Ehegattensplitting verfassungswidrig sei."
Die Entscheidung bedeutet noch kein endgültiges Urteil. Der Finanzgerichtshof hat die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Die Bundesregierung hat derzeit keine einheitliche Linie in der Frage der Gleichstellung beim Steuersplitting. Im Koalitionsvertrag wird zwar versprochen, "gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht" abzubauen. Allerdings hat Schwarz-Gelb erst Anfang Oktober die Besserstellung von heterosexuellen Paaren im Steuerrecht verteidigt (queer.de berichtete). Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte erklärt, dass schwule und lesbische Lebenspartner nicht die gleichen Rechte erhalten sollten wie heterosexuelle Eheleute (queer.de berichtete).
Seit 2001 sind vor Finanzämtern und Finanzgerichten Verfahren zur gemeinsamen Veranlagung anhängig. Der LSVD hatte wiederholt dazu aufgerufen, aktiv zu werden und das Steuersplitting für Eingetragene Lebenspartnerschaften zu beantragen. All diese Verfahren kommen nun neu ins Rollen: Die Betroffenen können mit Verweis auf den Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichtes beantragen, dass die Vollziehung der ablehnenden Bescheide des Finanzamts ausgesetzt wird. Das Finanzamt muss ihnen dann den Unterschiedsbetrag zwischen der Einzelveranlagung und der Zusammenveranlagung auszahlen. (dk)
Das Ehegattensplitting muß ausgeweitet oder noch besser ABGESCHAFFT WERDEN. Das Modell hat sich genauso überholt wie diese Bundes"regierung".
Steuerliche Förderung gehört nur dahin, wo Kinder erzogen werden. Bis es soweit ist, ist Gleichstellung erforderlich da, wo gleiche (Fürsorge-)Pflichten übernommen werden!