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- 13. Dezember 2010 2 Min.

(Bild: KamalSelle / flickr / by 2.0)
Der frühere malaysische Vize-Premierminister Anwar Ibrahim wehrt sich gegen Homo-Vorwürfe, die auf nun veröffentlichte US-Dokumente zurückgehen.
Die Unterlagen sollen aus dem Fundus der Onlineplattform Wikileaks stammen. Am Wochenende wurden Auszüge der offiziellen Papiere des US-Außenministeriums in den Zeitungen der australischen Fairfax-Mediengruppe veröffentlicht. Darin wird der Geheimdienst von Singapur zitiert, der Anwars Homosexualität bestätigt. Demnach soll der Politiker vor gut zwei Jahren mit einem damals 23-jährigen Mitarbeiter Sex gehabt haben. Seine politischen Gegner haben die Begegnung den Unterlagen zufolge organisiert, um Anwar politisch auszuschalten. Anwar soll zwar geahnt haben, dass es sich um eine Falle handele - dem Mitarbeiter sei es dennoch gelungen, den Politiker zu verführen. Eine aus diesem Fall rekrutierende Anklage gegen Anwar aus dem Jahr 2008 läuft noch: Damals bezichtigte der betreffende Mitarbeiter den Oppositionsführer der Vergewaltigung (queer.de berichtete).
In Malaysia steht auf Homo-Sex bis zu 20 Jahre Haft - egal, ob der Geschlechtsakt freiwillig oder durch Vergewaltigung zustande kam. Anwar hatte bereits zuvor gegen Homo-Vorwürfe zu kämpfen: Er war von 1993 bis 1998 Vize-Premierminister der seit 1957 ununterbrochen regierenden Partei UMNO, überwarf sich aber mit Premierminister Mahathir bin Mohamad und wurde kurz darauf verhaftet. Wegen Homosexualität und Korruption wurde er schließlich zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Westliche Regierungen haben den Prozess als politisches Verfahren bezeichnet. 2004 kam er nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorzeitig frei (queer.de berichtete).
Seit 2008 darf er sich wieder politisch betätigen und zog durch einen klaren Sieg bei einer Nachwahl ins nationale Parlament ein (queer.de berichtete). Seither ermittelt wieder die Staatsanwaltschaft in Kuala Lumpur wegen mutmaßlicher Homosexualität gegen den Hoffnungsträger der Opposition. Er hat stets beteuert, dass die Homo-Vorwürfe von seinen politischen Gegnern erfunden worden sind, um seine Partei zu schwächen.
Beschwerde gegen Berichterstattung in Malaysia

Die Wikileaks-Seite: Von US-Politikern als "terroristisch" beschimpft, von anderen als Ausdruck der Meinungsfreiheit gelobt. (Bild: wikileaks.ch)
Die Anwälte Anwars haben am Montag einen Beschwerdeantrag bei Gericht gestellt. Sie wollen erreichen, dass die nationalen Zeitungen nicht mehr über die US-Geheimpapiere berichten dürfen: "Die Geschichte beruht nur auf Hörensagen", erklärte Anwalt Sankara Nair. "Das Gericht muss sich daher von den Zeitungen Beweise vorlegen lassen, die ihre Vorwürfe beweisen. Anderenfalls müssen sie sich wegen Verleumdung verantworten. Die meisten malaysischen Zeitungen hatten über den Fall berichtet. So titelte die populärste Tageszeitung "Utusan Malaysia": "Der Geheimdienst Singapurs bestätigt Unzucht-Vorwurf".
Im mehrheitlich muslimischen Malaysia gibt es in der Homo-Akzeptanz ein Stadt-Land-Gefälle. Während die relativ weltoffene Hauptstadt Kuala Lumpur eine schwul-lesbische Subkultur entwickelt hat, die stark vom liberalen Nachbarland Thailand beeinflusst wird, ist Homosexualität auf dem Land lebensgefährlich. Das Gesetz gegen Homosexualität geht noch auf die britischen Kolonialherren zurück. (dk)

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