Papst Benedikt XVI. hat nun Sexualkundelehrer als Feinde ausgemacht
Papst Benedikt XVI. hat europäischen Staaten vorgeworfen, Aufklärungsunterricht an Schulen sei ein direkter Angriff auf die katholische Lehre.
In seiner traditionellen Neujahrsansprache an Botschafter im Vatikan sagte der Staatschef des kleinsten Landes der Welt: "Angesichts des erneuten Angriffs auf die Religionsfreiheit von Familien in bestimmten europäischen Ländern, in denen die Teilnahme an Aufklärungskursen und Lebenskunde verlangt wird, kann ich nicht schweigen", so Benedikt nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP. Damit kritisierte das katholische Oberhaupt insbesondere Spanien, das im Pflichtfach Lebenskunde auch Themen wie Scheidung oder Homosexualität behandelt. Die katholische Kirche hat wiederholt gefordert, dass katholische Schüler diesem Unterricht fern bleiben sollten. Der oberste spanische Gerichtshof hat jedoch bereits im vergangenen Jahr festgestellt, dass der Unterricht - in dem auch Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben ein Thema ist - nicht gegen die Religionsfreiheit verstößt (queer.de berichtete).
Der Papst erklärte nun, dass ein solcher Pflichtunterricht eine gegen den Glauben und die Vernunft gerichtete Lehre verbreite. Das sei ein Beispiel für "Bedrohungen" gegen die "kulturellen Wurzeln" von Nationen.
Volker Beck: Unanständige Polemik
Volker Beck (Grüne)
Scharfe Kritik an den Äußerungen des Papstes übte der grüne Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck: "Der Papst treibt Schindluder mit dem hohen menschenrechtlichen Gut der Religionsfreiheit, wenn er Aufklärung und offenen Umgang mit Homosexualität, Scheidung und Informationen über Empfängnisverhütung und Abtreibung als Anschlag auf die Familie und Religionsfreiheit geißelt". Angesichts der "ernsthaften religiösen Verfolgung" von Christen in aller Welt sei diese "Polemik" laut Beck "unanständig". "Homosexualität, Scheidung, Empfängnisverhütung und HIV-Prävention gehören zur Lebensrealität junger Menschen, die sich von einem mittelalterlichen Menschenbild und einer sexualfeindlichen Moral emanzipiert haben. Informationen sind Grundlage für die freie Entscheidungsfindung", so Beck.
Ob Becks kirchenkritische Meinung bei der grünen Führung mehrheitsfähig ist, ist allerdings fraglich. So wurde er erst letzten Monat von seiner Fraktionschefin Renate Künast gerügt, weil er einen geplanten Auftritt des Papstes im Bundestag als "Bühne für Homophobie" bezeichnet hatte. (dk)