Michael Kempter: Wie einvernehmlich waren seine Kontakte?
Die Schiedsrichter-Schlammschlacht zwischen Manfred Amerell und Michael Kempter ist am Donnerstag mit einem Termin beim Landgericht Hechingen in die nächste Runde gegangen. Das Gericht vertagte sich auf den 18. April, nachdem zuvor im Saal 168 weitere Details aus der Beziehung des Schiedsrichter-Funktionärs mit seinem ehemaligen Schützling bekannt wurden.
In diesem Gerichtsstreit, einem von mehreren, hatte Amerell Kempter wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts auf 150.000 Euro Schadenersatz verklagt. Hintergrund ist der im letzten Jahr öffentlich gewordene Vorwurf des heute 28-jährigen Kempters, Amerell habe ihn zum Sex genötigt, was von dem 63-Jährigen abgestritten wurde. Vielmehr habe es sich um eine Liebesbeziehung gehandelt.
Vor Gericht betonte Amerell laut den Berichten der 20 anwesenden Journalisten, er habe das Private und sein Amt beim DFB strikt getrennt. Auch sei die Beziehung "über Jahre von beiden Seiten gewachsen".
150 SMS und 250 Mails
Michael Kempter, der bis heute beteuert, nicht schwul zu sein, berichtete hingegen, er sei schon mit 18 Jahren auf einen Schiedsrichterlehrgang in Barsinghausen von Amerell in ein Zimmer gezogen worden. "Er hat mich umarmt und mir einen Kuss auf den Mund gegeben. Wir saßen auf der Couch und er hat mir den Oberschenkel gestreift. Ich wusste das gar nicht einzuordnen." Die Kontakte hätten mit der Zeit zugenommen.
Die "ständigen sexuellen Annäherungen von ihm seien nicht mehr auszuhalten gewesen", zitiert ihn die "Welt" aus der Verhandlung. Im Mai 2008 sei es zu einem Vorfall in einem Kölner Hotel gekommen: "Wir waren im Hotelaufzug in den vierten Stock. Plötzlich hat Amerell mich gedrückt und umarmt. Er hat seine eklige Zunge in meinen Mund gesteckt." Aus heutiger Sicht hätte er sich stärker wehren müssen.
Amerell bestreitet, Kempter je auf einen Lehrgang berührt zu haben - weder sei er 2001 mit ihm auf einem Zimmer in Barsinghausen gewesen noch gebe es da eine Couch. Die Beziehung habe sich erst über die Jahre ergeben und sei vom Schiedsrichter ausgegangen: "Ich habe ihn nie belästigt. Er hat den Kontakt zu mir gesucht. Das war Stalking", sagte Amerell nach Angaben der "Welt". "Nach Spielen hat er sich in der Kabine vor mir sexuell produziert". Wieder zitierte er aus privaten eMails. Richter Alexander Meinhof wurden von ihm insgesamt rund 150 SMS und 250 Mails aus den Jahren 2007 bis 2009 vorgelegt.
Justiz lahmgelegt
"Bild"-Bericht aus dem letzten Frühjahr. Er erklärt vielleicht, warum Amerell so verbissen um seinen Ruf kämpft
Der Prozess geht nun im schriftlichen Verfahren weiter, mit einer Frist zum 14. März. Einen Monat später wird das Landgericht ein Urteil oder neue Termine verkünden; theoretisch ist auch ein Vergleich möglich. Eine Entscheidung über die weitere Karriere Kempters trifft demnächst eine 14-köpfige Schiedsrichterkommission, das letzte Spiel des ehemaligen Bundesliga-Referees war am 10. April 2010 in der 3. Liga. "Das erklärte Ziel ist es, dass der junge Schiedsrichter in ein paar Jahren wieder ganz oben pfeift", erkläre sein Anwalt Christoph Schickhardt am Donnerstag.
Das Landgericht Köln muss demnächst entscheiden, ob es eine Einstwillige Verfügung gegen Amerell bestehen lässt, die ihm, wie von Kempter beantragt, verbietet, aus privaten Mails und SMS zu zitieren. Vor dem Münchner Oberlandesgericht wird noch über eine Äußerung des DFB-Präsidenten Theo Zwanziger verhandelt, der die Schiedsrichteraffäre mit Missbrauchs-Vorfällen in der katholischen Kirche verglichen hatte. Dasselbe Gericht entschied bereits in letzter Instanz, dass Zwanziger weiterhin von einer Amtspflichtverletzung Amerells sprechen darf.
Strafrechtlich ist die Sache bereits ausgestanden (auch wenn Amerell Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellungen eingelegt hat). Die Staatsanwaltschaft Augsburg wollte weder die Verleumdungsklagen Amerells gegen Kempter und drei weitere Schiedsrichter verfolgen noch die Nötigungsklage in anderer Richtung.
Zu dem Einstellungsbeschluss schreibt die "Süddeutsche Zeitung": "Laut Akte schloss es Kempter nach zweitägiger Vernehmung nicht aus, dass Amerell eine andere Wahrnehmung gehabt haben könnte bezüglich seines angeblichen Widerstandes. Dieser könnte sehr verhalten ausgefallen sein." (nb)
wenn er vor 10 jahren 13 gewesen wäre, könnte man den schmarrn kaum glauben.